Coronaviren

Nachsorge und Rehabilitation

Leitlinie S1 für das Management postviraler Zustände am Beispiel Post-COVID-19 und weiterführende Informationen

a) Ziel: Wiederaufnahme der Berufs- bzw. Alltagstätigkeit.

b) Nach schweren Verläufen oder bei persistierenden Symptomen: Abklärung vor Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit zu empfehlen.

c) Augenmerk auf: 

Empfehlung
Die Beratung hinsichtlich Selbstmanagements und die Planung des “Weges zurück” in Alltag, Sport und Arbeit erfolgt individualisiert unter Berücksichtigung des persönlichen Kontextes. Empfohlen sind die Festlegung realistischer Ziele und klare Vereinbarungen über Belastungsgrenzen sowie ein Monitoring

 

Empfehlung
Die Rückkehr zum Sport sollte auch bei völliger Genesung frühestens 10 Tage nach Erlangen der Symptomfreiheit angestrebt werden und über 2 Wochen mit minimaler Belastung stattfinden. Die weitere Belastungssteigerung sollte auch in ausreichend großen Intervallen (zumindest wöchentlich) erfolgen. Je schwerer die Akuterkrankung verlief, desto vorsichtiger ist der Weg zurück zu planen. Voraussetzung ist der Ausschluss organisch-struktureller Folgen der Erkrankung an COVID-19.

 

Empfehlung
Für die Planung der Rückkehr an den Arbeitsplatz sind neben Schwere der Akuterkrankung und weiter bestehender Symptomatik auch die individuellen Arbeitsplatzanforderungen und Arbeitsbedingungen zu berücksichtigen.

 

 

Rückkehr in den Alltag (ohne wesentliche körperliche Belastung)

  • Voraussetzung: abgeschlossene Differenzialdiagnostik (s. Kap. 11.) 
  • Aufklärung, dass persistierende Symptome auch nach mildem und moderatem Verlauf möglich, sind aber häufig innerhalb von Wochen bis Monaten remittieren
  • Einschränkungen der Leistungsfähigkeit: Quantifizierung (s. Kap. 10.1./10.2.). Bei starker oder anhaltender Einschränkung: Kooperation mit Gesundheitsberufen (Ergotherapie, Psychologie, Psychotherapie, Sozialberatung)
  • Kernpunkte (nach Ausschluss relevanter struktureller Folgeschäden): 
    • Bewältigung der täglichen Aktivitäten möglich?
    • Alltagsbelastung (gemeinsame Abschätzung): Ausmaß der körperlich erforderlichen Fitness? Störungen der Kognition relevant für Arbeit/Selbstversorgung/Freizeitbeschäftigungen/Bedienen von Maschinen oder Transportmitteln?
    • Möglichkeiten zur Erholung gegeben? 
    • Aktivitäten zur Gesunderhaltung und Stärkung der biopsychosozialen Gesundheit/Genesung im Alltag -durchführbar/organisierbar?
    • Psychosoziale Unterstützung vorhanden/erforderlich? 
      • Stärkung von alltagsbezogenen Lebenskompetenzen situationsabhängig in Kooperation mit: Ergotherapie, Physiotherapie, GuK, Sozialarbeit, Diätologie, Logopädie, Psychotherapie, Psychologie
         
  • Pacing (s. Kap. 12.2.1.)/graded exercise (s. Kap. 12.2.2.) je nach Situation 

Wiederaufnahme des Sports/Trainingstherapie


➔ Evaluierung des individuellen Risikos
➔ Ausschluss organischer Folgeschäden

Bei Symptomfreiheit nach der akuten Phase der Erkrankung gilt:

Amateursport 
Maßgeblich Schweregrad der COVID-Akuterkrankung; Patient:innen ohne PEM/PESE bzw. AD: 

  • Asymptomatische Erkrankung: Belastungsreduktion bzw. Trainingspause für zumindest 3 Tage
  • Milde Verläufe: Trainingspause während anhaltender Symptome und danach für mindestens drei symptomfreie Tage. Weitere 2 Wochen Verzicht auf intensive Belastungen. Bei Auftreten von Beschwerden: Kontaktnahme mit Hausärzt:in empfohlen
  • Schwere Erkrankung: situationsabhängig längere Sportpause (bis zur völligen Genesung) 
    • Voraussetzung für Belastungsaufnahme: Aktivitäten des täglichen Lebens und Absolvierung einer Wegstrecke von 500 m in der Ebene ohne Erschöpfungszeichen oder Atemnot
    • Belastungssteigerung in ausreichend großen Intervallen 
    • Selbstmonitoring bei Belastung: Borg-RPE-Skala oder Borg-CR10-Skala (Abb. 10. – Borg-Skala - Langfassung „Leitlinie S1 für das Management postviraler Zustände am Beispiel Post-COVID-19“), Ruhepuls und Pulsraten
    • Bei Auftreten von Symptomen: Belastungspause bis Symptomfreiheit von 24h, Rückkehr zur vorherigen Belastungsstufe - welche ohne Symptome bewältigt wurde]. 
    • Vereinbarung von Cut-offs für Kontaktnahme mit Ärzt:in
  • Hinweise auf autonome Dysfunktion (s. Kap. 8.10.), PEM/PESE (s. Kap. 8.9.) und/oder Dekonditionierung: professionelle Begleitung nach entsprechender Stratifizierung.

Nach Myokarditis: 3-6-monatige Sportpause. Die Wiederaufnahme des Sports ist erst nach kardiologischer Freigabe möglich.


Leistungssport 
Entsprechend Leitlinien der Europäischen Kardiologischen Gesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin: nach Infekt 

  • 12 Kanal EKG 
  • Echokardiografie 
  • BB, Troponin, CRP

Hinweise auf kardiale Pathologie: spezialisierte Abklärung nach Leitlinien. Pneumologie: symptomorientierte Untersuchung (s. Kap. 8.1.) ausreichend. Sportmedizinische Begutachtung bei Athlet:innen!

Nach Myokarditis: 3-6-monatige Sportpause. Wiederaufnahme des Sports nach kardiologischer Freigabe.

Empfehlung
Mit jeder Patient:in nach SARS-CoV 2 Infektion, die nach einem schweren oder kritischen Verlauf (= stationär/Intensivstation) nach Entlassung zur Erstbehandler:in im PCFS Stadium ≥ 2 kommt, sollte ein
Rehabilitationsantrag besprochen werden.* 

 

Empfehlung
Jede Patient:in nach SARS-CoV-2 Infektion mit leichtem oder moderatem Verlauf (= ambulant), die im PCFS ≥ 2 zur Erstkontrolle kommt, sollte nach 4-6 Wochen re-evaluiert werden. Ist der PCFS immer noch / unverändert ≥ 2 ist eine Rehabilitation indiziert.** 

 

* Die Co-Autorin Eva Untersmayr ist mit dieser Empfehlung in der vorliegenden Formulierung im Dissens.
** Die Co-Autorinnen Kathryn Hoffmann und Eva Untersmayr sind mit dieser Empfehlung in der vorliegenden Formulierung im Dissens.

 

Indikation

Ab Stadium 2, Post-COVID-19-Skala des funktionellen Status (s. Abb. 8. – Klok-Skala - Langfassung „Leitlinie S1 für das Management postviraler Zustände am Beispiel Post-COVID-19“): nach ärztlicher Abklärung.

Ziel: Besserung bei eingeschränkten Körperfunktionen, bestmögliche Teilhabe in sozialer und beruflicher Hinsicht. (Bewertung nach: International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) im Sinne einer biopsychosozial ausgerichteten medizinischen Trainingstherapie und multiprofessionellen Rehabilitation).

Rehabilitationsbedarf aufgrund pneumologischer, neurologischer, psychiatrischer oder kardiologischer postinfektiöser Schädigung: 

  • Indikationsspezifische Rehabilitation, je nach Einschränkung von Körperfunktionen und Aktivitäten. 
  • Rehabilitationsverfahren erfolgen multimodal unter Einbeziehung verschiedener Fachdisziplinen (z.B. Physiotherapie, Trainingstherapie, Ergotherapie, Psychologie, Logopädie, Diätologie, Massage)

Die WHO teilt die Rehabilitation in 4 Phasen

  • Phase I: Mobilisation im Krankenhaus
  • Phase II: Anschlussheilverfahren entweder ambulant oder stationär
  • Phase III: Anschlussrehabilitation ambulant, Ziel Verbesserung der Nachhaltigkeit der Phase II Rehabilitation, Stabilisierung der Gesamtsituation
  • Phase IV: „Verstetigung“ : Patient:innen sollen das Erlernte ein Leben lang weiterführen

Inhalte

  • Ausdauer- und Krafttraining
  • Krafttraining der großen Muskelgruppen mit 1-2 Sätzen
  • Ausdauertraining 5-30 Minuten, 180 Minuten/Woche bei etwa 5-8MET (Metabolic Equivalent)
  • Bei Symptomen wie PEM: Dosierung im Sinne der Intensität und des Umfangs ist individuell und sofort anzupassen. s. Kap. 12.2.1.)
    • Daher: vorhergehende Abklärung auf das Vorliegen von PEM
    • Zuweisung nur an Rehabilitationseinrichtung, wenn diese Pacing anbietet
    • Ansonsten: Rehabilitation erst nach Besserung des Zustandes in Bezug auf PEM. 
  • Spezifische Rehabilitationsprogramme für Menschen mit PEM sind derzeit nicht verfügbar

Für ausführlichere Informationen siehe Kapitel 13 der Langversion der Leitlinie: