Montag, 02. Mai 2022

Hanna Mayer, Pflegewissenschafterin

Eine starke Stimme für die Pflege

Geschätzte 150 Jahre alt müsste Hanna Mayer ihrer Meinung nach werden, um alle Forschungsthemen in der Pflegewissenschaft abzudecken, für die sie sich begeistert. Eine Leidenschaft, die sie begleitet, seit sie sich damals nach der Matura als junge Frau gegen viele Stimmen für die Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenschwester entschieden hat. „Meine Wurzeln liegen in der Pflege und sind es seitdem geblieben, daher war es für mich schlüssig, in diesem Bereich auch die Forschung voranzutreiben.“ Ein weiterer wichtiger Meilenstein war der Entschluss, sich während ihrer Tätigkeit als Pflegelehrerin für das Studium der Sonder- und Heilpädagogik zu entscheiden, wo sie sich intensiv mit dem Thema Pflege auseinandergesetzt hat.

Neben ihrer freiberuflichen wissenschaftlichen Tätigkeit auf dem noch jungen Forschungsgebiet war es Hanna Mayer immer ein Herzensanliegen, die Pflegewissenschaft in Österreich weiter zu etablieren und zu akademisieren. Dies war auch ein wichtiger Beweggrund, um sich als Quereinsteigerin auf die neu eingerichtete Professur für Pflegewissenschaft an der Universität Wien zu bewerben. Als Vorständin des Instituts an der Universität Wien baute sie die Forschungsschwerpunkte Onkologische Pflege, Pflege alter Menschen mit Schwerpunkt Demenz und Personzentrierte Pflege auf und realisierte zahlreiche Forschungsprojekte. Unter ihrer Leitung entstanden ab 2009 außerdem ein erfolgreiches, in der Pflegewissenschaft gut positioniertes, Master- und Doktorratsstudium.

Der Weg an die Karl Landsteiner Privatuniversität führte die Expertin über verschiedene große (Langzeit)Pflegeprojekte, die sie in Niederösterreich mit umsetzen durfte. „Hier gab es großes Interesse an dem Thema Personzentrierung in der Pflege und ich hatte die Chance, mich darauf zu spezialisieren.“ Seit 2021 ist Hanna Mayer als Universitätsprofessorin für Pflegewissenschaft und Leiterin des Fachbereichs Pflegewissenschaft /Schwerpunkt Person-Centred Care Research am Departement für allgemeine Gesundheitsstudien in Forschung und Lehre tätig. Ihre Forschungsbereiche erstrecken sich von der Gerontologische Pflege über Person-Centred Care und Theoriebildung in der Pflege bis hin zu Forschungsmethodologie und Forschungsethik in der Pflegewissenschaft. Gemeinsam mit ihrem Team aus ambitionierten Pflegewissenschafter:innen gilt ihr Interesse dem Bereich der Implementierungs- und Wirkungsforschung sowie der theoretischen und methodologische Grundlagenarbeit und Weiterentwicklung von Person Centred Care. „Es gibt, im Gegensatz zur internationalen Szene, im ganzen deutschsprachigen Raum kein Forschungsinstitut, welches sich explizit dem Thema Personzentrierung widmet. Wir können uns hier in Krems auf ein ganz breites Feld fokussieren und dadurch auch Praxisentwicklung beeinflussen, das Wissen international platzieren bzw. methodisch weiterentwickeln und spezielle Expertise aufbauen.“

Personzentrierung ist für Hanna Mayer der Schlüssel zur längst notwendigen Re-Humanisierung des Gesundheitsbereichs. „Dabei geht es einerseits um eine personenzentrierte Haltung, eine strukturelle Veränderung sowie neue Umgebungsfaktoren, etwa wie Krankenhäuser gestaltet werden können, damit sich Menschen als Individuen wahrnehmen können. Andererseits sind besondere Prozesse notwendig, die bei der Arbeit und im Umgang mit den Patient:innen die Bedürfnisse mehr in den Mittelpunkt stellen – von der Intensivstation bis hin zur Notfallambulanz, für die Pflegenden aber auch für die Angehörigen.“

Als Wissenschaftlerin würde sich die Expertin neugierig, analytisch, innovativ und manchmal unbequem bezeichnen. Alles Eigenschaften, die sie unterstützen, sich und der Pflegewissenschaft Gehör zu verschaffen. „Es fehlt meiner Meinung nach immer noch ein Verständnis dafür, dass Pflege ein eigener genuiner Forschungsbereich ist, der auch gute Finanzierung für große und längerfristige Forschungsprogramme braucht. Und es fehlt die Weitsicht, dass es nicht reicht, über Pflege aus dem Blickwinkel anderer Disziplinen zu forschen, sondern dass die Grundlagen der Pflegewissenschaft essenziell sind, um Phänomenen richtig anzuschauen und einzuordnen, bzw. überhaupt die richtigen Fragen zu stellen“, so die Expertin.

Blickt man in die nahe Zukunft, so fehlt es an systematischer Forschung zu wichtigen Grundlagen der Pflege, schildert Hanna Mayer: „Etwa über Grundlagen zum Pflegebedürftigkeitsbegriff und wie man Bedarf erfasst. Außerdem braucht es viel mehr Forschung zur Entwicklung und Evaluierung personzentrierter Interventionen und Programme. Gerade bei der Pflege von Menschen mit dementiellen Erkrankungen - ein wichtiges und großes Thema der Zukunft -fehlen uns noch viele Grundlagen, auf denen wir, gemeinsam mit den Praktiker:innen wirkungsvolle Interventionen entwickeln und evaluieren können.“ Mit Personzentrierten-Systemen kann man vielen Herausforderungen sehr gut begegnen, so die Expertin. „Diese sind auch die Grundlage für innovative Konzepte, das Potenzial von Pflege vielseitiger zu nutzen, etwa in Dementia-Friendly-Hospitals, aber auch darüber hinaus, zum Beispiel in Kindergärten und Schulen.“

Neben ihren unterschiedlichen beruflichen Rollen findet Hanna Mayer Ausgleich beim Sport, bei Bootsfahrten mit der Motorzille auf der Donau und vor allem mit Theater. „Ich bin eine leidenschaftliche Schauspielerin und bei der Probe zu sein, eine Rolle entwickeln zu können, das ist die beste Möglichkeit, den Alltag immer wieder hinter sich zu lassen. Aber ich bin in der glücklichen Lage, dass mein Beruf tatsächlich Berufung ist – und sicher auch bleiben wird.“

Link zur Person am Forschungsportal KRIS

Univ.-Prof. Mag. Dr. Hanna Mayer

Univ.-Prof. Mag. Dr. Hanna Mayer

Leitung
Fachbereich Pflegewissenschaft mit Schwerpunkt Person-Centred Care Research