Mittwoch, 02. November 2022

Birgit Pfaller-Eiwegger, Internistin

Frauengesundheit im Fokus

„Frauengesundheit ist mir nicht nur persönlich ein großes Anliegen, sondern ist essenziell, um eine gesundheitliche Chancengerechtigkeit sicher zu stellen“.

Schwangerschaftskomplikationen wie hypertensive Bluthochdruckerkrankungen oder Gestationsdiabetes gehen mit einem stark erhöhten Risiko einher Nieren- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Hypertonie und Diabetes mellitus II diagnostiziert zu bekommen. In der Nierenambulanz treffe ich immer wieder auf Frauen mit chronischer Niereninsuffizienz unklarer Ursache und es stellt sich heraus, dass während Ihrer Schwangerschaft die Diagnose Präeklampsie gestellt wurde und eine weitere Nachsorge nicht erfolgte. Die Schwangerschaft bietet ein entscheidendes Zeitfenster für die Identifizierung von Risikopatientinnen und somit das Potential für die primäre und sekundäre Prävention von Nieren- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen. „Diese Schnittstelle erlaubt es wie keine andere im Leben von Frauen klinische Versorgung mit Forschung zu verbinden. Hier kann etabliertes Spezialwissen für die langfristige Verbesserung der Gesundheit von Frauen eingesetzt werden und Forschung für neue bessere Risikomarker und an neuen Therapien zur Verbesserung der Frauengesundheit mit unmittelbarer klinischer Relevanz erfolgen“ betont OÄin Dr.in Birgit Pfaller-Eiwegger.

Neben ihrer klinischen Arbeit in der Ambulanz für Peritonealdialyse und Nierenambulanz der Klinischen Abteilung für Innere Medizin 1 am UK St. Pölten führt sie eine Spezialambulanz für Hochrisikoschwangere mit chronischer Niereninsuffizienz, Bluthochdruckerkrankungen und Adipositas und stellt sicher, dass diese rasch internistisch abgeklärt, therapiert und nach der Schwangerschaft auch nachbetreut werden. Gemeinsam mit der Klinische Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe hat sie mit Frau Dr.in Susanne Schubert ein Factsheet für die peripartale Betreuung von Frauen mit hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen gestaltet und das nächste Projekt gilt der besseren Betreuung von schwangeren Frauen mit Adipositas.

Derzeit ermöglicht ihr ein Research Time Out (RTO) im Rahmen der Forschungsimpulse der Karl Landsteiner Privatuniversität 50% ihrer Zeit spezifisch für den Aufbau einer Ambulanz zur weiteren Beforschung von Frauen mit erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Nierenerkrankungen zu widmen. Um die Patientinnen mit derartigen Komplikationen weiter besser betreuen zu können, braucht es klinische Forschung, finanzielle Unterstützung und auch mehr Medienpräsenz, um auf die Probleme und mögliche Lösungswege hinzuweisen. „Awareness über die Risiken und Therapiemöglichkeiten bei den betroffenen Frauen und den behandelnden Ärzt:innen gepaart mit klaren, aus Forschungsergebnissen abgeleiteten Vorgehensweisen zur Diagnostik und Therapien nach der Schwangerschaft sind entscheidend.“

Nach dem Studium an der Medizinischen Universität Wien arbeitet Dr.in Birgit Pfaller am Universitätsklinikum St. Pölten als Turnusärztin. Im Rahmen ihrer Facharztausbildung für Innere Medizin in St. Pölten verbringt die Ärztin im Zuge einer Bildungskarenz ein Jahr in der Schweiz. Danach beendet sie ihre Facharztausbildung an der Klinischen Abteilung für Innere Medizin 1 am Universitätsklinikum St. Pölten und startete die Additivfachausbildung für Nephrologie. Zeitgleich absolviert sie mit Auszeichnung einen Master in Science an der Donau-Universität Krems. Mit diesem Rüstzeug ausgestattet ermöglicht ihr 2016 ein Fellowship an der Abteilung für Klinische Pharmakologie und Toxikologie am Hospital for Sick Children Toronto/Kanada die Mitarbeit an renommierten Motherrisk Programm, ein Forschungs- und Beratungsprogramm zu Medikamentengabe während Schwangerschaft und Stillzeit. Das an das Krankenhaus gekoppelte SickKids Research Institute gilt als eines der größten krankenhausbasierten Forschungsinstitute für Kindergesundheit weltweit mit fast 400 Arbeitsgruppen. Dies öffnet der Ärztin einen umfassenden und breiten Zugang zu klinischer Forschung und verstärkt die Ambitionen von Dr.in Pfaller-Eiwegger, sich wissenschaftlich mit dem Thema peripartale Frauengesundheit auseinanderzusetzen. Sie veröffentlicht ihre ersten Publikationen über Medikamente in der Schwangerschaft („Biologicals in atopic disease in pregnancy“). Die Arbeit ist ein systematischer Review und auch ein Positionspapier der European Academy of Allergy and Clinical Immunology zur Verwendung von Biologika in der Schwangerschaft. 2017 wechselt Dr.in Birgit Pfaller-Eiwegger an das Mount Sinai Hospital/ Toronto. Dort absolviert sie ein Clinical Fellowship in Obstetric Medicine, ein Spezialgebiet der Inneren Medizin, dass sich mit der Diagnostik und Behandlung medizinischer Erkrankungen in der Schwangerschaft befasst. Anschließend absolviert sie ein Research Fellowship am Department of Cardiology am Toronto General Hospital unter der Leitung von Prof. Candice K. Silversides, welche eines der weltweit größten prospektive Register für schwangere Frauen mit Herzerkrankungen (Cardiac Disease in Pregnancy Study; CARPREG) führt. Die Erkenntnisse, die aus CARPREG gewonnen wurden haben,  die klinische Praxis in der Versorgung und Risikobewertung von kardialen Risikoschwangerschaften nachhaltig verändert. Als Ergebnis dieser Tätigkeit konnte Dr.in Birgit Pfaller-Eiwegger 3 Publikationen im JACC, einer der TOP 3 Kardiologischen Journals der Kardiologie (Impact-Faktor 27.2), als Erstautorin veröffentlichen. Die Publikationen "Preventing Complications in Pregnant Women with Cardiac Disease" und “Impact of Obesity on Outcomes of Pregnancy in Women With Heart Disease” spiegeln ihr besonderes Interesse an der Prävention von kardiovaskulären Erkrankungen und Komplikationen bei schwangeren Frauen wider.

„Ebenso wichtig wie die Forschung ist aber die Übersetzung der Erkenntnisse aus der Forschung in den klinischen Alltag“, sagt Dr.in Pfaller-Eiwegger. So wird nach dem kanadischen Vorbild der Postpartum Cardiometabolic Clinics in einer erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen KLPU und der LGA die PRECARE-FEM Klinik an der Klinische Abteilung für Innere Medizin 1 am UK St. Pölten implementiert. Damit möchte die Klinikerin langfristig die Daten von Frauen erheben und die Frauengesundheit damit nachhaltig verbessern.

„Wir wissen, dass gerade Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen später als bei Männern diagnostiziert werden und wir wertvolle Zeit für die Prävention verlieren. Wenn wir den Stresstest Schwangerschaft nutzen, um Frauen mit erhöhtem Risiko zu identifizieren, können wir sie besser behandeln.“ Während das Bewusstsein über Schwangerschaftsdiabetes und dem damit verbunden Gesundheitsrisiko mittlerweile in der Bevölkerung ganz gut verankert ist, ist dies bei Präeklampsie, also Bluthochdruck in der Schwangerschaft, Frühgeburt und weiteren Schwangerschaftskomplikationen, noch weniger der Fall. Die Krankenhäuser Melk, Lilienfeld und St. Pölten überweisen Patientinnen bereits an die Nachsorgeklinik am Universitätsklinikum St. Pölten.

In Zukunft möchte die Ärztin ihr Projekt in Niederösterreich um translationale Projekte  ausweiten um Biomarkern zu identifizieren, die eine Früherkennung von Risikopatientinnen ermöglicht und so zu einer optimalen Versorgung zuzuführen. Aus der Betreuung von Frauen mit Risikofaktoren wird auch eine Kohorte mit Kindern untersucht werden um die damit verbunden Risiken für die Kinder besser zu verstehen. Dies findet in enger Zusammenarbeit mit der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde am Universitätsklinik St. Pölten statt. Es besteht bereits eine enge Zusammenarbeit mit der Klinischen Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe, und der Diätologie im UK St. Pölten, dem Department für Allgemeine Gesundheitsstudien, Fachbereich Biostatistik und Data Science (Univ.-Prof. Dr. Sacha Klee), und des Weiteren mit der FH St. Pölten – Institut für Gesundheitswissenschaften, da Lifestyle (Ernährung, Bewegung und Mental Health) eine wichtige Rolle in der Prävention spielt.

Endlich mehr Fokus auf Frauen, ihre individuellen Lebenssituationen und Risikofaktoren zu lenken ist ein Herzensanliegen von Dr.in Birgit Pfaller-Eiwegger. „Die Schwangerschaft endet nicht mit der Geburt. Frauengesundheit entscheidet sich oft in der Schwangerschaft und ich will mit meiner Arbeit hier einen Beitrag zur Chancengerechtigkeit für die Frauen leisten“, so Dr.in Pfaller-Eiwegger.

Link zum Forschungsportal KRIS

OÄ Dr. Birgit Pfaller-Eiwegger MSc

Klinische Abteilung für Innere Medizin 1 (Universitätsklinikum St. Pölten)

Universitätsklinik für Innere Medizin - Klinische Abteilung für Innere Medizin I (Universitätsklinikum St. Pölten)