Helene Deutsch - Psycholanalyse der Neurosen

Forschung

Die Methodologie der laufenden und geplanten Forschungsprojekte des Fachbereichs Psychodynamik unter der Leitung der Professur von Univ.-Prof.in Dr.in habil. Patrizia Giampieri-Deutsch umfasst in Ergänzung der State of the Art Psychotherapieforschung metakognitive und epistemologische Ansätze.

Zusätzlich zur klinischen und empirischen Untersuchung von Prozessen und Ergebnissen psychotherapeutischer Behandlungen ermöglicht dies auch die Erforschung meta-theoretischer Fragen sowie insbesondere die Untersuchung von Phänomenen im Bereich der Subjektivität in nicht-reduktiver Weise mit First-Person Methodologien. Zur Psychotherapieforschung sowie zu den Durchschnittspopulations-Forschungsvorhaben werden ferner weitere empirische Methodologien verwendet. Zur Anwendung kommen dabei psychometrische Instrumente, welche auf der Grundlage der klinischen Erfahrung in der Psychoanalyse und der psychodynamischen Psychotherapie entwickelt wurden. Experimentelle Methodologien werden in der psychodynamischen Psychotherapieforschung integriert, um besser zu verstehen, wie das psychophysische Kontinuum beschaffen ist und wie therapeutische Veränderungen bewirkt werden, indem die Auswirkung psychodynamischer Behandlungen auf neurobiologische Funktionen untersucht wird.

Der Fachbereich Psychodynamik untersucht insbesondere auch die Anwendungen von Forschungsmethodologien auf nicht-klinische Phänomene und Wissenszweige. Im Fachbereich wird ein breites Spektrum von Projekten durchgeführt, aus welchen eine kontinuierliche peer-reviewed Publikationstätigkeit bei international führenden Periodika und Verlagshäusern entsteht. 

Aktuell zu nennen ist das Werk der Professorin und Leiterin Patrizia Giampieri-Deutsch (2020). Freuds dynamisches Strukturmodell des Mentalen im 21. Jahrhundert. Das Werk wird in der Reihe "Sigmund Freuds Werke. Wiener Interdisziplinäre Kommentare" herausgegeben, bei der Patrizia Giampieri-Deutsch zum Herausgeber:innenteam gehört.

Im Buch Freuds dynamisches Strukturmodell des Mentalen im 21. Jahrhundert werden zwei zentrale Texte Freuds im Lichte des gegenwärtigen Standes der interdisziplinären wissenschaftlichen Forschung neu kommentiert und mit einer systematischen Einführung versehen, welche Freuds Theorie des Mentalen unter dem Gesichtspunkt der gegenwärtigen psychoanalytischen Forschung darstellt und in den fachübergreifenden Dialog mit avancierten Ansätzen der Kognitionsforschung, der kognitiven Neurowissenschaften und der Philosophy of Mind bringt.

Die gegenwärtigen Forschungsprojekte umfassen ferner die fachübergreifende Untersuchung der subjektiven Erfahrung, wie das Projekt Psychodynamische und wissenschaftshistorische Aspekte der Empathie [CICLO XXXI SSD M-FIL/03] in Kooperation mit der italienischen Universität Federico II Neapel oder das durch den Niederösterreichischen Fond Wissenschaft und Bildung (NFB) geförderte Projekt Die Irreduzibilität der Erfahrung [SC16-025]. Letzteres untersucht ausgewählte Entwürfe und Strömungen sowie Kontroversen, die sich mit dem Phänomen der subjektiven Erfahrung in psychodynamischen Psychotherapien auseinandersetzen. Psychoanalytische Forschungsergebnisse sowie konvergierende Theorien der phänomenologischen und neurokognitiven Embodiment-Forschung, der Philosophy of Mind und Befunde aus dem kognitiven Feld werden systematisch miteinander ins Gespräch gebracht, um Konvergenzfelder ausfindig zu machen.

Der Fachbereich Psychodynamik untersucht insbesondere auch die Anwendungen von Forschungsmethodologien derselben auf nicht-klinische Phänomene und Wissenszweige. Die psychologischen und psychodynamischen Untersuchungen der religiösen Erfahrung stellen eine Wissenschaft des menschlichen Verhaltens und der menschlichen Erfahrung dar, so dass die religiöse Erfahrung als spezifisch menschliches Erlebnis von den Methodologien der psychodynamischen Psychotherapieforschung (First-Person-Methodologien) adressiert werden kann.

Psychologische und psychodynamische Aspekte der religiösen Erfahrung

Teil 1 und Teil 2 

Ein wesentlicher Angelpunkt der Forschung der Professur ist das vom Amt der Niederösterreichischen Landesregierung gestiftete Forschungsprojekt Psychologische und psychodynamische Aspekte der religiösen Erfahrungen im Bezugsrahmen der Abrahamitischen Religionen [K3F730/001-2017 und K3F730/006-2022]. Aus diesem Projekt entspringen die forschungsgenerierten Maimonides Lectures, welche unter der Schirmherrschaft des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung die Wechselwirkungen zwischen den Abrahamitischen Religionen und Wissenschaften, insbesondere den Gesundheitswissenschaften, thematisieren. Durch Symposien und Keynote Lectures in Wien an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und an der KL in Krems wird eine kontinuierliche Begegnung zwischen den Religionsgemeinschaften, Forschenden sowie Studierenden ermöglicht.

Die Maimonides Lectures in Niederösterreich werden gemeinsam von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) mit den Abrahamitischen Religionsgemeinschaften in Österreich und der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL) unter der Schirmherrschaft des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung veranstaltet und etablieren kooperative, nachhaltige Forschung auf Exzellenzniveau. Damit soll nicht zuletzt auch ein Beitrag zur Grundlagenforschung der Medical Humanities geleistet werden. Folgende Abrahamitische Religionsgemeinschaften beteiligen sich an den Maimonides Lectures: Altkatholische Kirche, Bulgarisch-Orthodoxe Kirche, Evangelische Kirche A. und H. B., Evangelisch-methodistische Kirche, Griechisch-Orthodoxe Kirche, Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich, Israelitische Kultusgemeinde Wien, Koptisch-Orthodoxe Kirche, Römisch-Katholische Kirche, Rumänisch-Orthodoxe Kirche, Serbisch-Orthodoxe Kirche und Syrisch-Orthodoxe Kirche. Weitere Wegbegleiter:innen sind die Kirchliche Pädagogische Hochschule Wien-Krems und der Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit.  

In der Zeit vor der Kooperation mit dem Land Niederösterreich und der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften wurden folgende Veranstaltungen abgehalten:

1. ML (19.-20.02.2014): Geisteswissenschaften: Tradiertes Erbe und gegenwärtige Herausforderungen; Festvortragender: Univ.-Prof. Dr. Vittorio Hösle, University of Notre Dame, IN, USA (Ort: Wien);

Erster Einzelvortrag am 24.06.2014: w.M. Univ.-Prof. Hans-Dieter Klein, Universität Wien, „Geisteswissenschaften als Ichwissenschaften und ihr Bezug zu Fragen der Religion“ (Ort: Wien);

2. ML (26.-27.11.2014): Gerechtigkeit: Religion und Bildung; Festvortragende: Univ.-Prof.in Dr.in Inci Dirim, Universität Wien (Ort: Wien);

3. ML (25.-26.02.2015): Geisteswissenschaften und Offenbarung; Festvortragender: w.M. Univ.-Prof. Hans-Dieter Klein, Universität Wien (Ort: Wien);

Zweiter Einzelvortrag am 13.04.2015: Univ.-Prof.in Dr.in Orly Goldwasser, The Hebrew University Jerusalem, „Akhenaton and the Origin of Monotheistic Tendencies in Egypt” (Ort: Wien);

4. ML (04.-05.11.2015): Mental Health: A Dialogue between Clinical Sciences and Faith; Festvortragender: Univ.-Prof. Dr. H. Shmuel Erlich, The Hebrew University Jerusalem (Ort: Wien);

5. ML (01.-02.03.2017): Trauma und Gedächtnis: Folgen der Diskriminierung und Verfolgung konfessioneller Zugehörigkeit und Einschränkung religiöser Freiheit; Festvortragender: Univ.-Prof. Dr. Jorge Canestri, Universitá Roma Tre (Ort: Wien);

Seit Beginn des Projektes K3-F-730/001-2017 des Landes Niederösterreich und der Kooperation mit der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften wurden folgende Veranstaltungen abgehalten:

6. ML (29.-30.11.2017): Versöhnung: Aufhebung der Schuld durch Wiedergutmachung? Festvortragender: Univ. Prof. Dr. Karl Brunner, Universität Wien (Ort: Wien);

7. ML (27.-28.06.2018): Verkörperungen des Geistes: Die Auferstehung des Leibes; Festvortragende: Univ.-Prof.in Dr.in phil. habil. Dr.in theol. h. c. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, TU Dresden (Ort: Wien);

8. ML (28.-29.11.2018): Der Weg ins Freie. Emanzipatorische Narrative des Auszugs aus Ägypten in der Abrahamitischen Tradition; Festvortragender: w.M. Univ.-Prof. Dr. Dr.h.c. Manfred Bietak, Universität Wien (Ort: Krems);

9. ML (26.-27.06.2019): Monotheismus, Atheismus und „Zwei Throne im Himmel“; Festvortragender: w.M. Univ.-Prof. Hans-Dieter Klein, o., Universität Wien (Ort: Wien);

10. ML (27.-28.11.2019): Psyche. Gesundheit, Erkrankung und Heilung im Bezugsrahmen der Abrahamitischen Religionen; Festvortragender: Univ.-Prof. Mag. Dr. Rüdiger Lohlker, Universität Wien (Ort: Krems);

11. ML (16.-17.09.2020): Der Ursprung des Bösen: Gedanken und Ansätze in den Abrahamitischen Religionen; Festvortragender: Univ.-Prof. Dr. Gerhard Langer, Professor für Judaistik und Vorstand des Instituts für Judaistik, Universität Wien (Ort: Wien);

12. ML (10.-11.02.2021): Hoffnung im Bezugsrahmen der Abrahamitischen Religionen; Festvortragender: Bischof Emeritus Hon.-Prof. Dr. Michael Bünker, Evangelische Kirche A. B. (online);

13. ML (03.-04.11.2021): Dankbarkeit; Festvortragender: Univ.-Prof. PD Dr. Philipp Scheibelreiter, Professor für Antike Rechtsgeschichte und Römisches Recht, Institut für Römisches Recht und Antike Rechtsgeschichte, Universität Wien (Ort: Wien).

14. ML (04.-05.05.2022): Glaube, Wissenschaft, Aberglaube: Health und Mental Health und die Abrahamitischen Religionen; Festvortragender: Altpräsident w.M. Univ.-Prof. Dr. Helmut Denk, Altpräsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Medizinische Universität Graz (Ort: Krems);

15. ML (23.-24.11.2022): Die Ausübung konfessionellen Glaubens und ihre Grenzen; Festvortragender: Christo Buschek, Pulitzer Preisträger 2021 für Auslandberichterstattung (International Reporting), New York University und University of Southern California (Ort: Wien).

16. ML (31.05.-01.06.2023): Psychodynamische Psychotherapien und Seelsorge; Festvortragender: Rektor MMag. Dr. Hubert Philipp Weber, Rektor der Kirchlichen-Pädagogischen Hochschule Wien-Krems  (Ort: Krems).

17. ML (08.-09.11.2023): Empathie. Eine multidisziplinäre Perspektive; Festvortragender: Assoz.-Prof. Dr. Christophe Erismann, Professor für byzantinische Geistesgeschichte, Universität Wien (Ort: Wien).

Bildergalerie: 10. Maimonides Lectures "Psyche. Gesundheit, Erkrankung und Heilung im Bezugsrahmen der Abrahamitischen Religionen" von 27.-28.11.2019 an der KL

Medical Humanities

Die Medical Humanities eröffnen ein Feld, in dem Medizin und Humanwissenschaften in einen Dialog über subjektive Erfahrungen und begriffliche Fragen treten. Darüber hinaus eröffnen die Medical Humanities die Möglichkeit, über die eigene Funktion, über die angestrebten Ziele der persönlichen und professionellen Identitätsbildung und über die Verbesserung der Ausbildung der Studierenden nachzudenken. Die Medical Humanities werfen ein breites Spektrum von Fragen zur Berufsethik und zu Behandlungstechniken, zur Handhabung und zu den Grenzen der Behandlung sowie zum subjektiven Verständnis von Krankheit und Tod einschließlich ihrer religiösen Aspekte auf. Dementsprechend impliziert dieses Forschungsfeld eine starke Fokussierung auf die mentalen Prozesse der Patient:innen und der sie behandelnden Personen aus Perspektiven, die sowohl den medizinischen als auch den psychologischen Gesichtspunkt transzendieren.

Univ.-Prof.in Dr.in habil. Patrizia Giampieri-Deutsch ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Arbeitsgruppe Geschichte der Medizin und Medical Humanities der Kommission für Geschichte und Philosophie der Wissenschaften der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

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Helene Deutsch - Psychoanalyse der Neurosen. Elf Vorlesungen gehalten am Lehrinstitut der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung, Internationaler Psychoanalytischer Verlag, Wien, 1930