Sonntag, 23. Oktober 2022

Innovative Messmethode zur Körperbildforschung entwickelt

Im Fachbereich Psychologische Methodenlehre an der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL) wurde eine Methode entwickelt, mit welcher Wahrnehmungen in Echtzeit und in der natürlichen Umgebung der Versuchspersonen effizient gemessen werden können.

Im Rahmen einer Studie zum Thema Körperzufriedenheit und der Nutzung von sozialen Medien, die gemeinsam mit der Anglia Ruskin University in Cambridge umgesetzt wurde, konnte diese Forschungsmethode erfolgreich angewendet werden.

(Krems, 23.10.2022) - Untersuchungen zur Auswirkung der digitalen Kommunikation auf den Menschen und seine emotionalen Wahrnehmungen sind nicht zuletzt seit der Nutzung sozialer Medien wesentlich stärker im Fokus psychologischer Studien. Auch ein Forschungsbereich an der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL) widmet sich dieser Thematik, da Digitalisierung und neue Studiensettings eine stetige Weiterentwicklung direkter Forschungsmethoden bei der Datenerhebung und im Feld, also bei der systematischen Beobachtung von Geschehnissen in ihrer natürlichen Umgebung, erfordern. Ein innovativer Ansatz dafür wurde nun in Krems entwickelt, schildert Univ.-Prof. Stefan Stieger, Leiter des Fachbereichs Psychologische Methodenlehre: „Es handelt sich um eine neue Messmethode, wo wir mit Wearables und deren Sensoren die Lage des Unterarmes im 3-dimensionalen Raum als Messskala verwenden. Beispielsweise kann so eine graduelle Abstufung erzielt werden, in dem der Winkel des Unterarmes im Vergleich zu einer horizontalen Ebene als Skala verwendet wird. Dieser Winkel kann anschließend einfach durch Tastendruck lokal auf dem Wearable gespeichert werden.“

Aufschlussreicher Einsatz bei einer Experience Sampling Method Studie

Die Nutzung sozialer Medien – vor allem wenn Bilder und Videos betrachtet werden – wird durchwegs mit einem negativeren Körperbild in Verbindung gebracht. “Ein Großteil der Studien zum Thema ist entweder laborbasiert oder verwendet Querschnittsfragebögen“ schildert Stefan Stieger. „Um einen neuen Blickwinkel auf die Forschungsfrage zu werfen, untersuchten wir die Zusammenhänge zwischen alltäglicher Social-Media-Aktivität und der Zufriedenheit mit dem Körperbild mithilfe einem sogenannten Experience Sampling Method Design.“ Gemeinsam mit Forschern an der Anglia Ruskin University in Cambridge wurde die entwickelte Methode im Rahmen einer empirischen Studie angewendet. Fünfzig Teilnehmer_innen wurden instruiert, in einer 14-tägigen Untersuchungsphase, jedes Mal, wenn sie auf sozialen Medien ein Bild oder ein Video länger betrachteten, direkt in dieser Situation mit dem Wearable eine Beurteilung des momentanen eigenen Körperbildes abzugeben. „Je nach Winkel des Unterarms konnten wir kontinuierlich die Zufriedenheit mit dem eigenen Körperbild messen.“ Die Ergebnisse zeigen, dass die Interaktion mit Social-Media-Inhalten signifikant mit einer geringeren Zufriedenheit des Erscheinungsbildes in Zusammenhang steht, erklärt Stefan Stieger. „Darüber hinaus haben wir festgestellt, dass das Betrachten persönlich bekannter Personen zu stärkeren Effekten führt, als der Vergleich mit fremden Personen. Diese Effekte blieben auch nach Berücksichtigung weiterer möglicher Einflussfaktoren (z.B., Geschlecht, Mediennutzungsverhalten) stabil.“

Ergebnisse für die Praxis relevant

Bislang war bekannt, dass im alltäglichen ‚realen‘ Kontakt mit Personen Vergleichsprozesse eine wichtige Rolle spielen. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass diese Prozesse auch im digitalen Raum eine nicht zu unterschätzende Rolle zu spielen scheinen – in konkreten Fall auf die Zufriedenheit mit dem eigenen Körperbild. Stefan Stieger erklärt im Detail: „Zu diesem Zweck haben wir verschiedene Interventionen und Methoden vorgeschlagen, die negative Auswirkungen von sozialen Medien auf das Körperbild begrenzen, einschließlich der Reduzierung der Zeit, die man in sozialen Medien verbringt, der Änderung der Profile und Seiten, denen man in sozialen Medien folgt, sowie ein besseres Verständnis für Medienkompetenz.“ 

Originalpublikation: Stieger, S., Graf, H. M., Riegler, S. P., Biebl, S., & Swami, V. (2022). Engagement with social media content results in lower appearance satisfaction: An experience sampling study using a wrist-worn wearable and a physical analogue scale. Body Image, 43, 232-243. https://doi.org/10.1016/j.bodyim.2022.09.009

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