Montag, 14. Dezember 2020

Unterstützung zur Selbsthilfe bei Diabetes

Interdisziplinäres NÖ-Forschungsprojekt unter Leitung der FH St. Pölten untersucht mit Beteiligung von KL Psycholog_innen und Kliniker_innen, wie sich Patient_innen mittels Messenger-App gegenseitig unterstützen können.

Für Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 ist ein ausgewogener Lebensstil wichtig, um beschwerdefrei zu leben. Das Forschungsprojekt DiabPeerS unter der Leitung der FH St. Pölten untersucht, wie sich Patient_innen online mittels Instant Messaging helfen können. Das Team von Stefan Stieger, Leiter des Fachbereichs Psychologische Methodenlehre an der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften, unterstützt das interdisziplinäre Projekt mit seiner Expertise in der Nutzung moderner Kommunikationstechnologien bei psychologischen Fragestellungen.

 

Mit Selbst-Management besser leben

Aufgrund des chronischen Charakters erfordert Diabetes mellitus Typ 2 eine kontinuierliche Therapie, regelmäßige Kontrolle und einen bewussten Lebensstil. Der Erfolg der Diabetestherapie hängt stark von den Betroffenen selbst ab. Denn Patient_innen müssen auf ihren Lebensstil achten, ihren Blutzucker messen und regelmäßig ärztliche Kontrollen wahrnehmen. Daher spielen Diabetes-Selbst-Management-Schulungen, bei denen die Betroffenen Wissen und Fähigkeiten im Umgang mit Diabetes mellitus erlernen eine wichtige Rolle in der Diabetestherapie.

Studien belegen, dass die Betroffenen die positiven Ergebnisse der Diabetes-Selbst-Management-Schulungen schwer über längere Zeit im Alltag erhalten können. Erste Erfahrungen zeigen, dass Peer-Support, also die Unterstützung durch eine Person, die Erfahrung mit einem bestimmten Verhalten, der Krankheit und der schwierigen Situation hat, helfen kann. Es scheint, dass durch die Unterstützung durch andere Betroffene die Selbst-Management-Fähigkeiten, die Selbstwirksamkeit und in weiterer Folge die Kontrolle des Blutzuckerspiegels sowie die langfristige Gesundheit der Patient_innen verbessert werden.

Einsatz und Betreuung im Alltag

 


 

„Nur mit einem Arztbesuch, einer Untersuchung und einem Medikament ist es bei Typ-2-Diabetikerinnen und -Diabetikern nicht getan. Ganz im Gegenteil“, erklärt Gerhard Hutter, Vorsitzender des Landesstellenausschusses der Österreichischen Gesundheitskasse in Niederösterreich. „Diese Krankheit erfordert viel Einsatz und Disziplin durch die Betroffenen selbst. Als Österreichische Gesundheitskasse stellen wir mit medizinischen Leistungen und wissenschaftlich bewährten Programmen wie ‚Therapie Aktiv‘ die strukturierte, ärztliche Versorgung sicher. Darüber hinaus kann aber auch die Betreuung im Alltag ein essentieller Erfolgsfaktor sein, der die Lebensqualität der erkrankten Menschen steigert. Daher unterstützen wir gerne das Projekt DiabPeerS der FH St. Pölten.“

Hier setzt das Projekt „DiabPeerS” an. Es untersucht in den nächsten 3 Jahren, wie sich Patient_innen mit Diabetes mellitus Typ 2 gegenseitig online über Instant-Messaging-Services unterstützen können. Die Programme funktionieren wie WhatsApp, Telegram, Signal und andere Produkte. Im Rahmen des Projektes spielen krankheitserfahrene und geschulte Diabetiker_innen eine besondere Rolle. Sie führen die Online-Gruppen und regen durch aktives Themensetzen zu Diskussionen rund um Diabetes mellitus Typ 2 an. Um sie dabei bestmöglich zu unterstützen, begleitet sie eine Diätologin.

„Peer-Support hat ein erhebliches Potenzial für das Diabetes-Management, da die Unterstützung einfach, schnell und kostengünstig erbracht werden kann und mit wenig Aufwand für die Betroffenen verbunden ist. Zudem verwendet bereits fast die Hälfte der 40- bis 69-Jährigen, also jener Altersgruppe, die am häufigsten von Typ-2-Diabetes betroffen ist, Instant-Messaging-Programme“, sagt Elisabeth Höld, Ernährungswissenschafterin und Projektleiterin an der FH St. Pölten. Im Projekt wird die österreichische Software grape zum Einsatz kommen.

Kooperation der Gesundheitsdisziplinen

Laut KL-Psychologe Stefan Stieger und Martin Wiesholzer, dem Leiter der Klinischen Abteilung für Innere Medizin 1 am Uniklinikum, erfordern multifaktorielle Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2 interdisziplinäre Zusammenarbeit: Durch die Kooperation von Diätologie, Ernährungswissenschaft, Medizin, Psychologie, Publizistik, Medienmanagement, Technik und Soziologie können Unterstützungsmöglichkeiten für Betroffene besser entwickelt werden. Dem wird auch das interdisziplinäre Team im Projekt DiabPeerS gerecht.

Mehr als 200 über-40-jährige Patient*innen mit Diabetes mellitus Typ 2 sollen für das Projekt über sieben Monate beobachtet werden – eine Gruppe mit Online-Peer-Unterstützung, die andere zum Vergleich ohne.

Projekt DiabPeerS

Das Projekt „DiabPeerS - Improving glycaemic control in patients with type 2 diabetes mellitus through peer support Instant Messaging: a randomized controlled trial” wird im Zuge des Life Science Call von der NÖ Forschungs- und Bildungsges.m.b.H. (NFB) finanziert. Das Institut für Gesundheitswissenschaften und das Institut für Creative\Media/Technologies der FH St. Pölten führen das Projekt gemeinsam mit der Österreichischen Gesundheitskasse, dem Fachbereich Psychologische Methodenlehre am Department Psychologie und Psychodynamik der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften und der Klinischen Abteilung für Innere Medizin 1 des Universitätsklinikum St. Pölten durch.

Mehr zum Projekt: DiabPeerS