Mittwoch, 07. Dezember 2022

Videospielen für eine bessere mentale Gesundheit von Jugendlichen?

Ein Augmented Reality-Spiel fördert das Zugehörigkeitsgefühl von Jugendlichen. Das Forschungsteam D.O.T. (Die Offene Tür) der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften und der Ludwig Boltzmann Gesellschaft hat ein digitales Spiel für soziales Lernen entwickelt.

Förderung sozialer Interaktion mit neuen Technologien Das digitale Spiel LINA wird von einer ganzen Schulklasse gemeinsam mit ihrer Lehrkraft gespielt. Es bietet Jugendlichen die Möglichkeit, Spielkomponenten zu genießen, Spaß zu haben und auf sichere Weise etwas über Vorurteile, Ausgrenzung und psychische Erkrankungen zu lernen. LINA steht für "Lina Ist Nicht Allein" in der deutschen Version des Spiels und für "Lina Is Not Alone" in der englischen. Nach der Entwicklung evaluierten die Forscher_innen die Benutzerfreundlichkeit und Wirksamkeit von LINA.  91 Jugendlichen bewerteten das Spiel mittels Fragebögen und Diskussionen in Kleingruppen.

Partizipation und interdisziplinäre Zusammenarbeit als ErfolgsfaktorDie meisten Jugendlichen haben Spaß an Online-Spielen und der Einsatz digitaler Technologien zur Vermittlung spezifischer Unterrichtsthemen ist vor diesem Hintergrund sinnvoll. Erweiterte Reality-Spiele sind eine spezielle Art von digitalen Spielen, bei denen virtuelle Komponenten in die reale Welt eingebunden werden. Ein bekannter Vertreter dieser Kategorie ist das Spiel Pokémon Go. LINA ermöglicht die Interaktion aller Mitschüler_innen und fördert so das Zusammengehörigkeitsgefühl aller. Bei der Entwicklung arbeiteten Psycholog_innen mit multidisziplinären internationalen Partnern zusammen, darunter ein professionelle Dramaturg und Theaterregisseur, Kreativpraktiker, Informatiker und professionelle Illustratoren. Die Zielgruppe – Jugendliche ab 10 Jahren - wurde während der Entwicklungsphase in den Designprozess miteinbezogen. Dieser partizipative Ansatz ist einer der Erfolgsfaktoren des Lernspiels und garantiert, ebenso wie das professionelle Design, eine hohe Akzeptanz unter den Spielenden.   Über das SpielLina, eine fiktive Klassenkameradin, erscheint nicht mehr an der Schule. Die Spieler_innen müssen das Rätsel um Linas Verschwinden lösen. Virtuelle Hinweise werden in der realen Umgebung hinterlegt und die Klassenkamerad_innen tauschen die gefundenen Informationen über Lina untereinander aus. Am Ende finden die Schüler_innen heraus, dass Lina aufgrund einer psychischen Erkrankung ihrer Mutter wegziehen musste. Nach dem Spiel wird unter Leitung der Lehrperson über die Themen und damit einhergehende Gefühle und Fragen diskutiert. 

Die Benutzerfreundlichkeit des Spiels wurde von einer ersten Testgruppe (5 Schulklassen) mit 33,64 von maximal 45 Punkten bewertet. "Spaß" und "Soziale Vernetzung" waren die am besten bewerteten Attribute des Spiels.Zusammenfassend lässt sich LINA als ein ansprechendes und unterhaltsames Spiel beschreiben. Gleichzeitig werden die Spielenden aufgefordert, über die Gefühle, die Erfahrungen und die Gründe für bestimmte Verhaltensweisen anderer nachzudenken. Das Spiel wurde von den Schüler_innen sehr gut angenommen und die Jugendlichen fühlten sich beim Diskurs über die ernsten Themen „psychische Erkrankungen“, „Mobbing“ und „Vorurteile“ gut begleitet. Die D.O.T.-Forschungsgruppe, die von der Ludwig Boltzmann Gesellschaft und der Karl Landsteiner Privatuniversität unterstützt wurde, sieht LINA als einen Prototyp für erweiterte Reality-Spiele mit sozialen Interaktionen an und kann sich eine Weiterentwicklung des Spiels vorstellen. Die Präsentation des Augmented Reality-Games und dessen erste Evaluationsstudie sind aufgrund der Open-Access-Förderung der KL im Journal „Proceedings of the ACM on Human-Computer Interaction“ frei zugänglich erschienen. OriginalarbeitMittmann, G, Barnard, A, Krammer, I, Martins, D & Dias, J 2022, 'LINA - A Social Augmented Reality Game around Mental Health, Supporting Real-world Connection and Sense of Belonging for Early Adolescents', Proceedings of the ACM on Human-Computer Interaction, vol. 6, no. CHI PLAY, pp. 1-21https://dl.acm.org/doi/pdf/10.1145/3549505

Zum Video: Gloria Mittmann und Adam Barnard über LINA