Dienstag, 30. Mai 2023

Neues Silikonmodell für das chirurgische Skillstraining

Forschende der Karl Landsteiner Privatuniversität entwickeln ein neues, kostengünstiges Trainingsmodell für das Nähen von Magenperforationen. Auf Grund der Bündelung verschiedener Kompetenzen aus den Organisationseinheiten „Fachbereich Biomechanik“, „Klinische Abteilung für Chirurgie“ am Standort Tulln, „Klinische Abteilung für Strahlentherapie“ am Standort Krems und dem Studienprogramm „Humanmedizin“ konnte ein kostengünstiges, reproduzierbares und wiederverwertbares Silikonmodell entworfen werden, das insbesondere in der Ausbildung von Mediziner:innen gut einsetzbar ist. Das Modell wurde sowohl in seinen haptischen, mechanischen als auch hinsichtlich seiner subjektiven Eigenschaften beim Nähen mit echten Schweinemägen verglichen und bewertet.

Magenperforationen können lebensbedrohlich verlaufen

Magenperforationen können wegen verschiedener Ursachen auftreten und unter Umständen tödlich verlaufen. Eine rasche Therapie ist notwendig. Die verschiedenen chirurgischen Techniken zur Versorgung einer Magenperforation müssen gut geübt sein und die Magenschleimhaut darf während der Operation nicht beschädigt werden. Weder das Training am Menschen noch an Tiergeweben ist immer in ausreichendem Maße möglich, weswegen die Nachfrage nach geeigneten künstlichen Modellen groß ist. Die Forschenden der Karl Landsteiner Privatuniversität setzen es sich zum Ziel, ein Silikonmodell herzustellen, das der menschlichen Darmwand möglichst ähnlich ist und somit ideal für das Näh-Training von Magenperforationen eingesetzt werden kann. Mit Hilfe eines 3-D-Druckers wurden drei unterschiedliche Modelle angefertigt. Diese bestanden aus zwei oder drei verschiedenen Silikonschichten. Um ein realistisches Nähverhalten nachbilden zu können, wurde jeweils eine der Schichten in allen drei Modellen mit PU-Schaum angereichert.

Wie realistisch sind die entstandenen Silikonmodelle?

Um zu testen, wie realitätsnah sich die entstandenen Silikonmodelle verhalten, wurden diese in ihren Eigenschaften mit der Magenwand von Schweinen verglichen. Schweinemägen ähneln dem Aufbau der menschlichen Magenwand und wurden bei einem Fleischer bezogen und unter den entsprechenden Hygiene- und Frischevorschriften aufbewahrt und aufbereitet. Die subjektiv wahrgenommenen, haptischen Eigenschaften zwischen den Silikonmodellen und der Schweinemagenwand wurden mit Hilfe einer vierteiligen Skala zu sechs verschiedenen Eigenschaften von ausgewählten Chirurg:innen und Techniker:innen bewertet (Gesamtstruktur, Steifigkeit in Quer- und Längsrichtung, Kraftaufwand beim Schneiden und Einstechen, Haltbarkeit gegen Ausreißens des Fadens). Ein definiertes Belastungsprotokoll maß die objektiven mechanischen Eigenschaften: Eine Nadel durchsticht mit gleicher Kraft und Geschwindigkeit die zu testende Silikon- oder Schweinmagenwandprobe, die in einer eigens angefertigten Halterung eingespannt ist. Es zeigt sich, dass keines der Silikonmodelle das Schweinemagengewebe vollständig nachbilden kann, zwei Modelle allerdings dem natürlichen Gewebe nahekommen. In der haptischen Bewertung schneidet das 3-lagige Modell am besten ab.

Relevanz der Entwicklung

Die Beurteilung des Silikon-Trainingsmodells wurde zwar nicht im Vergleich mit menschlichem Gewebe, aber mit sehr ähnlichem tierischem Gewebe durchgeführt. Auch wenn nicht alle Eigenschaften 100-prozentig nachgebildet werden können, erlaubt das Modell eine sehr gute Annäherung an die Eigenschaften von Schweinemägen und es ist davon auszugehen, dass das Training am Silikonmodell Vorteile für die Ausbildung von Chirurg:innen und deren Nahttechniken bringt. Die Studienautor:innen haben darauf geachtet, dass das Trainings-Silikon-Modell leicht und kostengünstig nachgebildet werden kann. Die in der Arbeit sich ergänzenden Kompetenzen aus dem Bereich translationale Forschung und klinischem Bedarf haben zu einer einfach umzusetzenden Erweiterung im Bereich der medizinischen Ausbildung geführt. Die Ergebnisse sind Open Access im Journal BMC Medical Education erschienen.

Warnung L, Sattler S, Haiden E, Schober S, Pahr D, Reisinger A. A mechanically validated open-source silicone model for the training of gastric perforation sewing. BMC Medical Education. 2023 Dez;23(1):261. 261. doi: 10.1186/s12909-023-04174-8