Bildreihe Arbeiten zum Wachtberg II Forschungsprojekt

Digitalisierung und Rekonstruktion einer jungpaläolithischen Zwillingsbestattung von Krems-Wachtberg

Ziele des Projekts

Das Projekt zielt darauf ab, die 31 000 Jahre alte Zwillingsbestattung von Krems-Wachtberg zu digitalisieren und zu rekonstruieren. Mithilfe eines µCT-Scanners werden die einzelnen Skelettelemente gescannt, um 3D-Modelle zu erstellen und die Fundsituation der Babys nachzubilden. Eine Datenbank wird angelegt, um die produzierten Daten zu archivieren und zu teilen. Die virtuelle Rekonstruktion ermöglicht Einblicke in das Verhalten der frühen Menschen in Niederösterreich und schützt die Originalknochen vor Schäden. Die Ergebnisse des Projekts sollen veröffentlicht werden, und es wird ein Konzept entwickelt, um die Rekonstruktionen für Museumsbesucher:innen in Niederösterreich und Wien (NHM) zugänglich zu machen. 

Fundstelle Wachtberg

Die Fundstelle Krems-Wachtberg

An der Fundstelle Krems-Wachtberg wurden in den Jahren 2005-2015 archäologische Grabungen durchgeführt. Dabei trat ein gut erhaltener Begehungshorizont einer altsteinzeitlichen Jäger- und Sammlergesellschaft mit charakteristischen Befunden und Funden des Paläolithikums (Altsteinzeit), genauer gesagt des Gravettien, zutage. Bei den 31 000 Jahre alten Funden handelt es sich um Steingeräte, Kunstobjekte, Schmuckstücke und Tierknochen erlegter Tiere. Durch die Auffindung zwei separater Säuglingsgräber wurde die Fundstelle zu einer Sensation.  

Zwillingsbestattung Wachtberg

Zwillingsbestattung

In der ersten Grabungskampagne 2005 entdeckte man die Bestattung von zwei Säuglingen (Bestattung 1) in Hockerposition, unter einem Mammutschulterblatt. DNS-Analysen konnten klären, dass es sich um männliche eineiige Zwillinge handelt. Die Untersuchung der Knochen- und Zahnentwicklung sowie das Vorhandensein eines Stillsignals zeigen, dass eines der Babys (Individuum 2) kurz vor, während oder kurz nach der Geburt starb, während das andere (Individuum 1) etwa sechs bis sieben Wochen lebte, bevor es verstarb. Im folgenden Grabungsjahr wurde in unmittelbarer Nähe dieser Bestattung ein weiteres Grab mit einem ungefähr drei Monate alten Säugling (Bestattung 2) gefunden. 

Bergung und Freilegung im Labor

Bestattung 1 wurde 2005 im Block geborgen und in einer klimaregulierenden Kammer des Naturhistorischen Museums Wien gelagert. Mit dem Ziel, die Bestattung unter kontrollierten Laborbedienungen und ohne Zeitdruck bergen zu können, wurden die Knochen dann 2015 freigelegt. Mit einem Hochpräzisions-Oberflächenscanner wurden die einzelnen Schritte der Bergung in 3D dokumentiert, um bestmögliche Voraussetzungen für eine 3D Rekonstruktion der Bestattung zu schaffen. 

Wachtberg Pilotprojekt

Pilotprojekt

Bei einem Pilotprojekt im Jahr 2018 wurden Teile des Skeletts von Individuum 2 (linke Hand und Schädel) μCT-gescannt und die Knochen virtuell von anhaftendem Sediment befreit, das an den fragilen Originalobjekten verblieben war. Mit den 3D Modellen der Knochen und den Oberflächenscans der Freilegung konnten Teile der Bestattung virtuell rekonstruiert werden. Zusätzlich wurde der Prototyp einer Datenbank erstellt um die gewonnenen Daten, die Scans der Freilegung und Daten für museologische Zwecke zu organisieren und archivieren. 

Das Team

Das Projekt ist eine Zusammenarbeit zwischen der Karl Landsteiner Privatuniversität (KLU), der Universität für Weiterbildung Krems (UWK), des Naturhistorischen Museums Wien (NHM) und des Österreichischen Archäologischen Instituts der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAI).  

Wissenschaft Forschung Niederösterreich

Literatur

  • Einwögerer, T., Friesinger, H., Händel, M., Neugebauer-Maresch, C., Simon, U., Teschler-Nicola, M., 2006a. Upper Palaeolithic infant burials. Nature. 444, 285.  
  • Einwögerer, T., Händel, M., Simon, U., 2006. Die Fortsetzung der Ausgrabungen an der Gravettienfundstelle Krems-Wachtberg 2006. Das Waldviertel. 55. 428-433. 
  • Einwögerer, T., Simon, U., Händel, M., 2008. Neue Gravettienfunde vom Wachtberg in Krems an der Donau. Das Waldviertel. 57, 171–175.  
  • Einwögerer, T., 2006. Stadt Krems an der Donau, KG Krems. Fundberichte aus Österreich, Bd. 44/2005, S. 450-452. 
  • Einwögerer, T., 2017. Krems-Wachtberg, Ein Fundplatz des mittleren Jungpaläolithikums (Pavlovien) in Niederösterreich. In: Pieler, Franz; Trebsche, Peter (Hrsg.), Beiträge zum Tag der Niederösterreichischen Landesarchäologie 2017 Festschrift für Ernst Lauermann (Tag der Niederösterreichischen Landesarchäologie 2017) In Reihe: Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums N. F. 541 Asparn/Zaya 2017, S. 81-93. 
  • Händel, M., 2021. Assessing the Gravettian occupation floor at Krems-Wachtberg, L´Anthropologie 125. 
  • Einwögerer, T., Simon, U., 2008. Die Gravettienfundstelle Krems-Wachtberg. Archäologie Österreichs (19/1), S. 38-42  
  • Teschler-Nicola, M., Fernandes, D., Händel, M. et al., 2020. Ancient DNA reveals monozygotic newborn twins from the Upper Palaeolithic. Commun Biol 3, 650.