Donnerstag, 06. Februar 2020

Pflegebedarf in NÖ und die Auswirkungen des Vermögensregressentfalls

Ein ORF-NÖ Beitrag zum Thema Pflegebedarf im Land Niederösterreich mit Interview von Dr. Lukas Richter, MSc. vom Kompetenzzentrum Gerontologie und Gesundheitsforschung der KL.

Die Zahl der Anträge auf einen Pflegeheimplatz in Niederösterreich ist innerhalb von zwei Jahren um etwa 40 Prozent gestiegen – eine Folge der Abschaffung des Pflegeregress. Die Nachfrage ist also hoch, trotzdem stehen kurioserweise im Pflegeheim Tulln einige Betten leer. Für die Betreuung kann nicht genügend Personal gefunden werden.

In einem der größten Pflegeheime Niederösterreichs in Tulln werden 263 Menschen betreut. Das Heim wurde gerade modernisiert und erweitert. Wegen der hohen Nachfrage gibt es zusätzliche Betten für Hospiz- und Schwerstpflege. Das sei ein Bereich, der immer stärker gefragt ist, so Heimdirektorin Regina Berger. In einem akuten Fall kann so innerhalb von zwei Wochen ein Platz gefunden werden. Anders die Situation bei der Langzeitpflege. Hier beträgt die Wartezeit etwa zwei Monate.

Gleichzeitig steht in Tulln aber auch eine gesamte Abteilung mit 27 Betten leer – und zwar wegen Personalmangels. Es können nicht genügend Arbeitskräfte für die Betreuung gefunden werden. „Meine große Hoffnung ist März und April, weil da viele Jahrgänge fertig sind mit der Ausbildung, dass wir da Pflegepersonal finden. Sobald ich vier diplomierte Krankenschwestern und acht Pflegeassistenten habe, kann ich diesen Wohnbereich eröffnen“, so Berger gegenüber noe.ORF.at. Für das ganze Heim sind etwa 40 Stellen ausgeschrieben.

 


„Klarer Effekt vom Entfall des Regresses“

Die hohe Nachfrage sei eine der Folgen der Abschaffung des Pflegeregresses vor zwei Jahren. Davor konnten die Bundesländer auf das private Vermögen von pflegebedürftigen Menschen zugreifen, um ihre Betreuung zu bezahlen. Die finanzielle Hürde für einen Heimplatz wurde also niedriger. Seit 2017 stiegen die Anträge auf so einen Platz im Bezirk Tulln um ein Drittel an.

Ein Trend, der sich in ganz Niederösterreich zeigt, wie Wissenschafter der Universität Wien und der Karl-Landsteiner-Universität in Krems für den „Altersalmanach“ erhoben haben: „Die Antragstellungen sind zwischen 2017 und 2018 um 37 Prozent angestiegen. Das ist ein klarer Effekt von dem Entfall des Regresses“, so Lukas Richter, Sozioökonom und Co-Autor der Studie. 2019 dürfte sich die Situation auf diesem Niveau stabilisiert haben, wie er sagt. So etwas wie ein freies Pflegebett gibt es deshalb in Niederösterreich eigentlich nicht mehr, wie ein Rundruf bei einigen Betreibern zeigt.

Interview mit Dr. Lukas Richter im ORF NÖ Beitrag (zeitlich begrenzt abrufbar auf NÖ Heute)