Freitag, 03. April 2020

Fortbewegungsform aus Knochen ablesbar – frühe Menschen wechselten zwischen Klettern und aufrechtem Gang

Der Vergleich der Knochenstruktur von zwei frühmenschlichen Funden in Südafrika legt laut einer Studie mit Beteiligung von KL Forschern nahe, dass die Entwicklung vom Baum- zum Erdbewohner und damit der Fortbewegungsform Klettern zum aufrechten Gehen der frühen Menschen nicht linear verlaufen sein dürfte. Nachgewiesen werden konnte dies in einer Studie mittels der weltweit einzigartigen von dem an KL Krems und TU Wien forschenden Professor Dieter Pahr entwickelten Software zur Untersuchung von Knochenstruktur und –dichte.

Ein Team um Matthew Skinner von der Universität Kent (Großbritannien) untersuchte bei zwei Frühmenschenfunden aus Südafrika die Innenstruktur der oberen Enden der Oberschenkelknochen, die Teil des Hüftgelenks sind. Einer davon ist älter als zwei Millionen Jahre (2 bis 2,8 Mio. Jahre), der andere vermutlich 1,5 Millionen Jahre alt, so der an der Studie beteiligte Univ.-Prof. DI Dr. Dieter Pahr, der am Department für Anatomie und Biomechanik der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften in Krems und am Institut für Leichtbau und Struktur-Biomechanik der Technischen Universität Wien forscht.

Bei der Untersuchung der Funde zeigt die äußere Form des Hüftgelenks-Teils des Oberschenkels eindeutig, dass sie gut auf zwei Beinen gehen konnten. Wie sie sich zu Lebzeiten aber wirklich fortbewegten, könne man besser aus der Innenstruktur der Knochen ablesen. Dort sind kleine Balken aus Knochengewebe (Trabekel), die sich während des ganzen Lebens je nach der Belastung umbauen. Die Forscher verglichen ihre Anordnung bei den beiden Fossilien mit jener bei Schimpansen, Bonobos und Gorillas, die sowohl auf allen vieren laufen als auch klettern, sowie Orang-Utans, die ihr Leben größtenteils kletternd, klammernd und hängend in den Bäumen verbringen, und modernen Menschen. "Die menschlichen Vergleichsproben sind ein paar Hundert Jahre alte Knochen, wo die Menschen körperlich sehr aktiv waren", erklärt Pahr.STW522, also der ältere Australopithecus Fund, zeigt eine innere Struktur wie bei einem modernen Menschen, und ist demnach wenig wie ein Affe geklettert, erklärt der Forscher. Der Knochen des Frühmenschen STW311, der wahrscheinlich eine halbe Million Jahre nach STW522 gelebt hat, zeige hingegen eine innere Dichteanordnung, die eine Kombination von Klettern und Gehen vermuten lässt, wie bei einem Menschenaffen.

Demnach sind die Vorfahren der Menschen nicht irgendwann einmal von den Bäumen zu einem erdgebundenen Leben gewechselt, es zog sie entweder immer wieder in die Bäume, oder die Zweifüßigkeit (Bipedie) entstand mehrmals.

Zur Studie: http://dx.doi.org/10.1073/pnas.1914481117