Donnerstag, 09. Februar 2023

Studien identifizieren Leitlinien für die Schulung digitaler Kompetenz im Alter

Gemeinsam mit Partneruniversitäten aus Deutschland und Finnland untersuchten Expert_innen der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften, welche Beweggründe ältere Erwachsene zum Erwerb digitaler Kompetenzen motiviert. Die Ergebnisse der Studien werden nun für Erwachsenenbildner_innen und andere Zielgruppen in einem Praxisleitfaden publiziert.

Die rasante Entwicklung neuer Technologien und ihre Bedeutung in vielen Bereichen des täglichen Lebens fordert auch ältere Erwachsene heraus, sich digitale Kompetenzen anzueignen. Im Rahmen zweier Studien unter der Mitarbeit von Wissenschafter_innen des Kompetenzzentrums für Gerontologie und Gesundheitsforschung der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften wurde nun untersucht, wie und aus welchen Gründen Menschen ab 65+ an Angeboten zum Erwerb digitaler Kompetenzen teilnehmen. Dafür wurde ein Multiple-Case-Design mit qualitativen und quantitativen Methoden entwickelt, um die Ansichten älterer Erwachsener aus Österreich, Finnland und Deutschland einzubeziehen. Die Ergebnisse der interdisziplinären Studien zeigen sowohl individuelle, soziale als auch technische Gründe für die Teilnahme an Schulungen auf, schildert Altersforscherin und wissenschaftliche Mitarbeiterin Dr.in Vera Gallistl vom Kompetenzzentrum für Gerontologie und Gesundheitsforschung: „Digitale Bildung wird in der nachberuflichen Lebensphase immer wichtiger und gilt als zentral für die Lebensqualität und soziale Teilhabe im Alter. Die Thematik gewinnt dabei auch an Relevanz, weil der Anteil an älteren Personen, welche das Internet nutzen, steigt. Wir haben uns daher mit den Fragen beschäftigt, wie die digitalen Kompetenzen älterer Menschen in Österreich aussehen, wie sich diese vor dem Hintergrund sozialer Ungleichheiten verorten und wie sich die Älteren ihre Kompetenzen angeeignet haben, also welche Motivationen hinter diesen Lernprozessen im Alter stecken.“ Die Ergebnisse der Publikation werden nun in einem eigenen Leitfaden zusammengefasst und sollen unter anderem Expert_innen in der Erwachsenenbildung als Empfehlung dienen.

Soziale Teilhabe als größte MotivationWie aber werden digitale Kompetenzen im Alter aufgebaut? Für diese Frage wurden in der Studie drei Lernfaktoren digitaler Kompetenz unterschieden, nämlich soziales Lernen, non-formales Lernen und selbstständiges Lernen, erklärt die Altersforscherin. „Während soziales Lernen die häufigste der drei Lernformen ist, zeigt sich gleichzeitig, dass vor allem selbstständiges Lernen mit umfangreicher digitaler Praxis verbunden ist: Personen, die selbstständig lernen, geben signifikant häufiger an, umfangreich in digitale Praktiken eingebunden zu sein als jene, die ausschließlich sozial lernen. Für die Kompetenzentwicklung im Alter zeigt sich damit das selbstbestimmte Lernen mit digitalen Geräten als besonders günstig.“

Die Daten verdeutlichen vor allem die steigende Bedeutung von digitalen Geräten für die soziale Teilhabe im Alter. „Die Menschen sind einerseits überall damit konfrontiert, egal ob sie im Alter nochmal studieren oder sich im Freiwilligenmanagement engagieren. Zum anderen haben wir bei den Interviews auch bestätigt bekommen, dass der Wunsch nach Lebenslangem Lernen auch hier zutrifft und das Interesse für neue Technologien hoch ist.“ Eines der zentralen empirischen Ergebnisse ist es, dass insgesamt 75 Prozent der älteren Österreicher_innen mindestens eine Form der digitalen Technologie nutzen. Die vorliegende Publikation zeigt damit die beeindruckende Vielfalt an digitalen Praxisformen auf, in die ältere Menschen eingebunden sind. Gleichzeitig verdeutlichen die Daten weiterhin bestehende soziale Ungleichheiten im Zugang und in der Nutzung digitaler Technologien im Alter. So gibt ein Viertel der Befragten an, keine digitalen Technologien zu nutzen. „Zusammenfassend können wir sagen, dass die Studie die große Bedeutung von sozialen Netzwerken für digitale Lernprozesse im Alter aufweist. 81 Prozent der Befragten haben Angehörige oder Bekannte gebeten, ihnen digitale Kompetenzen beizubringen. Das sozial informelle Lernen ist damit die Hauptform des digitalen Lernens und vor allem bei jenen Personen verbreitet, die weniger umfangreich in digitale Praktiken eingebunden sind, wie hochaltrige Personen oder ältere Frauen. Das unmittelbare soziale Netzwerk ist damit häufig die erste Anlaufstelle für den Aufbau digitaler Kompetenzen im Alter.“ 

Digitale Bildung im Alter als gesellschaftlicher FaktorDigitale Bildung im Alter sollte daher, so die Empfehlung der Expert_innen, weniger darauf abzielen, die Nutzung digital Geräte zu unterstützen, sondern digitale Souveränität, die auch die bewusste Nicht-Nutzung miteinschließen kann, zu fördern.„Es geht weniger um pauschale Zielgruppenbeschreibungen, sondern vermehrt um spezifische Problemlagen zur Digitalität im Alter, etwa zu hohe Kosten für ein Gerät,mangelnde aufsuchende und wohnortnahe Angebote und ähnliches“, so Vera Gallistl.Entscheidend für den Grad der Auseinandersetzung mit digitalen Technologien sei außerdem, inwiefern die Befragten das Internet als Mittel zur sozialen Teilhabe wahrgenommen haben. Dementsprechend braucht es eine verstärkte gesellschaftspolitische Auseinandersetzung mit dem Thema, um das Interesse an digitalen Technologien in Zukunft noch weiter zu steigern und Möglichkeiten anzubieten. 

PublikationenOlder adults’ reasons to participate in digital skills learning: An interdisciplinary, multiple case study from Austria, Finland, and Germany. / Pihlainen, Kaisa; Ehlers, Anja; Rohner, Rebekka et al. In: Studies in the Education of Adults, 20.10.2022. 

https://www.digitaleseniorinnen.at/fileadmin/redakteure/Downloads/Studie_Bildung_u_digitale_Kompetenzen_im_Alter.pdf