Montag, 10. Oktober 2022

Neues Diagnoseverfahren bei Fischallergie erforscht

Ein Forschungsteam der KL und der MedUni Wien hat bereits 2018 gezeigt, dass das strikte Meiden von allen Fischarten nur bei wenigen Fischallergiker_innen tatsächlich notwendig ist. Allerdings fehlen bislang verlässliche Tests, um herauszufinden, welche Arten individuell vertragen und gegessen werden können. In ihrer aktuellen Studie weisen die Forscher_innen ein neues Diagnoseverfahren als zielführend nach. Die Ergebnisse der Studie wurden im renommierten „Journal of Allergy and Clinical Immunology: In Practice“ publiziert.

Um zu einem aussagekräftigen Ergebnis zu kommen, schlossen die Wissenschafter_innen um Heimo Breiteneder vom Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung der MedUni Wien und Tanja Kalic von der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften Proband_innen aus sechs verschiedenen Ländern in ihre Studie ein. Schließlich bestehen große regionale Unterschiede in der Arten- und Allergenvielfalt der verzehrten Fische sowie in der Zubereitungsart, die sich auf die Stabilität des Haupt-Fischallergens (Parvalbumin) auswirkt.

In Zusammenarbeit mit Forscher_innen aus Österreich, China, Dänemark, Luxemburg, Norwegen und Spanien sowie dem Industriepartner MacroArray Diagnostics wurden die Blutproben von 263 Patient_innen mit klinisch bestätigter Fischallergie analysiert. Der dabei angewandten Multiplex-IgE-Test, mit dem die Konzentration von IgE-Antikörpern gegen zehn Fischarten gleichzeitig gemessen wird, erwies sich bei den Patient_innen als zielführendes Instrument für die Unterscheidung von allergieauslösenden und tolerierten Fischarten. „Wir empfehlen aber, dass der Multiplex-IgE-Test nicht nur Parvalbumin, sondern auch Extrakte verschiedener Knochen- und Knorpelfische umfasst“, betont Studienleiter Heimo Breiteneder. Mit der Ergänzung durch Fischextrakte können potenzielle Reaktionen auf weitere, weniger häufig erkannte Allergene getestet werden.

Häufige Toleranz von KnorpelfischMit Hilfe dieses Verfahrens wurden bis zu 90 Prozent der Patient_innen negativ auf Knorpelfisch (z.B. Rochen, Hai) getestet, was auf eine mögliche Verträglichkeit hinweist: „Wird bei Patient:innen in diesem Testverfahren kein allergieauslösendes IgE für eine oder mehrere Fischarten nachgewiesen, so muss dieses Ergebnis noch durch einen Provokationstest im kontrollierten klinischen Setting abgesichert werden“, ergänzt Heimo Breiteneder und warnt Fischallergiker_innen vor einem Selbstversuch. Die Fischallergie gilt als eine der gefährlichsten Nahrungsmittelallergien, da sie oft zu lebensbedrohlichen Symptomen wie zu einem anaphylaktischen Schock führt. Um das zu verhindern, wird Betroffenen der strikte Verzicht von Fisch empfohlen.

Bereits 2018 haben Tanja Kalic, Heimo Breiteneder und ein internationales Forschungsteam in einer Studie gezeigt, dass Fischallergiker_innen Knorpelfische eher tolerieren als die weitaus häufiger verzehrten Knochenfische. Mit dem nun erforschten Diagnoseverfahren könnte nicht nur Fischallergiker_innen zu einem umfangreicheren Speiseplan verholfen werden, denn der Ansatz kann laut den Forscher_innen auch für andere Nahrungsmittelallergene anwendbar sein und dazu beitragen, potenziell verträgliche Lebensmittel zu identifizieren. Multiplex-IgE-Tests mit Fischallergenen und -extrakten werden in spezialisierten Allergiezentren bereits durchgeführt.

Publikation: The Journal of Allergy and Clinical Immunology: In PracticeIdentification of potentially tolerated fish species by multiplex IgE testing of a multinational fish-allergic patient cohortTanja Kalic, Annette Kuehn, Martina Aumayr, Joan Bartra, Carsten Bindslev-Jensen, Françoise Codreanu-Morel, Olga Domínguez, Peter Forstenlechner, Wolfgang Hemmer, Sandip D Kamath, Agnes Leung, Nicki Leung, Yuri Lifanov, Charlotte G Mortz, Mariona Pascal, Robin Ristl, Martin Sørensen, Öykü Üzülmez, Lusine Yeghiazaryan, Gary Wong, Christine Hafner, Heimo Breitenederdoi: 10.1016/j.jaip.2022.08.019https://doi.org/10.1016/j.jaip.2022.08.019

Die Studie wurde im Rahmen des vom Land Niederösterreich geförderten Projekts „Danube-ARC – Danube Allergy Research Cluster“ durchgeführt, bei dem die Karl Landsteiner Privatuniversität, die MedUni Wien, die Universität für Bodenkultur Wien, die Veterinärmedizinische Universität Wien, das Austrian Institute of Technology und die Universitätskliniken St. Pölten und Krems kooperieren. In diesem von Rudolf Valenta vom Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung der MedUni Wien geleiteten Cluster forschen seit dem Jahr 2020 rund 100 Wissenschafter_innen in 16 verschiedenen Forschungsprojekten an verbesserten Diagnose- und Therapiemöglichkeiten bei Allergien. Heimo Breiteneder und Tanja Kalic forschen im Teilprojekt DARC-06 „Molecular allergy testing for therapeutic and clinical decision making“ von Christine Hafner, Klinische Abteilung für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Universitätsklinikum St. Pölten.