Dienstag, 21. August 2018

Jungforscherinnenportrait: Sarah-Jane Estermann

Damit sich Organmodelle als Trainingsobjekt für Chirurgen eignen, müssen sie auch in ihren mechanischen Eigenschaften möglichst gut mit dem biologischen Vorbild übereinstimmen.

Wenn Chirurgen Praxiserfahrung mit neuen Instrumenten oder Operationstechniken machen wollen, sind sie heute meist auf Tiermodelle angewiesen. Es wäre eine wesentliche Hilfestellung, wenn Trainingssysteme zur Verfügung stünden, die die verschiedenen Gewebe und Organe des menschlichen Organismus nicht nur anatomisch korrekt darstellen, sondern auch in ihren mechanischen Eigenschaften dem Original weitgehend entsprechen. An solchen Systemen arbeitet man am Austrian Center for Medical Innovation and Technology (ACMIT) am Technopol Wiener Neustadt schon seit längerer Zeit. Zur Herstellung stehen dabei 3D-Druck Verfahren zur Verfügung, der Druckvorgang kann dabei so geplant werden, dass sich die Zusammensetzung des Ausgangsmaterials während des Druckens verändert, um dem biologischen Vorbild auch in der räumlichen Heterogenität nahe zu kommen. Zur Charakterisierung der mechanischen Eigenschaften hat man vor kurzem am Technopol Krems eine Kooperation mit dem Fachbereich Biomechanik an der KL aufgebaut.

Sarah-Jane Estermann bildet gleichsam die Brücke zwischen beiden Häusern: „Ich bin zu je 50 Prozent bei beiden Institutionen angestellt“, erzählt die Forscherin, die hier ihre bisherigen Erfahrungen gut einbringen kann.Physik mit medizinischer Anwendung Ihre Liebe zur Mathematik als Sprache, mit der man die Welt beschreiben kann, hat Estermann zunächst zur wohl grundlegendsten aller Naturwissenschaften geführt: „Ich habe Technische Physik an der TU Wien studiert, das war eine gute Basis für Wissenschaft in jeglicher Form“, meint Estermann heute. Nach dem Bachelor-Abschluss vertiefte sie sich in die medizinischen Anwendungen dieses Fachs und absolvierte ein Masterstudium in Biomedical Engineering. Die Diplomarbeit führte sie an das Institut für Mechanik der Werkstoffe und Strukturen der TU Wien, wo sie sich bereits mit der Mechanik biologischer Medien beschäftigte. „In meiner Arbeit ging es darum, ein mathematisches Modell zu finden, mit dem man die Flüssigkeitsströmung in den Porennetzwerken von Knochengewebe beschreiben kann“, erzählt Estermann: „Das war der erste wirkliche Kontakt mit professioneller Forschung.“ Und weil sie an dieser Gefallen gefunden hatte, beschloss Estermann, ihre Kenntnisse im Rahmen einer Dissertation weiter zu vertiefen. „Ich habe zunächst eine Initiativbewerbung ansACMIT geschickt. Dort hatte man sich bereits grundsätzlich über eine Zusammenarbeit mit der KL geeinigt, als ichdazu stieß“, erzählt die Forscherin.

Im ersten Schritt geht es nun darum, sowohl an verschiedene Gewebeproben als auch an 3D-gedruckten Modellen Zugproben durchzuführen und die mechanischen Eigenschaften miteinander zu vergleichen. Vom Biomechanik-Labor an der KL zeigt sich Estermann dabei sehr angetan: „Wir haben dort wirklich alle Möglichkeiten.“ Parallel dazu entsteht ein mathematisches Modell, mit dem die Kombination verschiedener Kunststoffe, wie sie im 3D-Druck eingesetzt wird, mechanisch charakterisiert werden kann. Dies solldann im zweiten Schritt dazu führen, dass man die Zusammensetzung des Materials den gewünschten Eigenschaften entsprechend anpassen kann.

Das gesamte Portrait im Chemie Report zum Nachlesen: https://www.chemiereport.at/epaper/201805/#72