Julian Prosenz, Facharzt für Innere Medizin, Gastroenterologie und Hepatologie
Forschung, Lehre und Klinik – ein Berufsweg zwischen Neugier, Zufall und Zielstrebigkeit
Als Facharzt für Innere Medizin, Gastroenterologie und Hepatologie sowie in seiner Funktion als klinischer Forscher und Lehrender an der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften verbindet Dr. Julian Prosenz unterschiedliche medizinische Blickwinkel und entwickelt diese kontinuierlich weiter. Sein Berufsalltag bewegt sich dabei zwischen drei Welten – Praxis, Forschung und Lehre.
Julian Prosenz wusste schon früh, dass er sich nicht zwischen Klinik, Forschung und Lehre entscheiden möchte, sondern dass für ihn alle drei Bereiche untrennbar zur akademischen Medizin gehören. Nach dem Medizinstudium an der Medizinischen Universität Wien begann er 2014 seine Laufbahn mit einer klinischen Forschungsstelle im Bereich Schmerzmedizin und Anästhesie am Wilhelminenspital Wien, wo er parallel sein PhD-Studium in den Neurowissenschaften aufnahm. Zwei Jahre später wechselte er in die Endokrinologie an der Universitätsklinik für Innere Medizin III am AKH Wien und startete dort seine Facharztausbildung für Innere Medizin. Da seine Anstellung zeitlich befristet war, entschloss er sich, internationale Erfahrungen zu sammeln – und führte seine klinische Laufbahn am Universitätsspital Zürich fort, einer der renommiertesten Einrichtungen Europas. „Die Arbeit dort war äußerst spannend und lehrreich und hat meiner klinischen Karriere enorm viel gebracht.“
Zurück nach Österreich – mit neuer Perspektive
Nach zweieinhalb Jahren in der Schweiz kehrte Julian Prosenz nach Österreich zurück – mit dem klaren Ziel, sich verstärkt der akademischen Medizin und damit auch der Forschung und Lehre zu widmen. Zufällig stieß er auf eine Ausschreibung an der Klinischen Abteilung für Innere Medizin II des Universitätsklinikums St. Pölten, die genau diesem Profil entsprach. „Also setzte ich 2021 dort meine Facharztausbildung fort und begann, zusammen mit dem Abteilungsleiter, Primar PD Dr. Andreas Maieron, ein kleines, dynamisches Team für Endoskopie-Forschung aufzubauen – unsere „Gastrointestinal Endoscopy Quality Matters (GIEQM)“-Arbeitsgruppe. Unser Ziel ist es, den Bereich weiter zu etablieren und national wie international sichtbarer zu machen – durch hochwertige Studien, strukturierte Ausbildung und intelligente Nutzung neuer Technologien wie künstlicher Intelligenz (KI). Bereits heute zeigen sich erste vielversprechende Erfolge, und die Arbeitsgruppe wächst stetig.“ Die Verbindung von klinischer Tätigkeit, Forschung und Lehre an der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften erwies sich für Prosenz als ideale Kombination. „Hier in St. Pölten konnte ich den Rest meiner Facharztausbildung für Innere Medizin, Gastroenterologie und Hepatologie absolvieren und stehe nun kurz vor dem Abschluss meines PhD-Studiums an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg.“
Forschungsschwerpunkte: Sedierungssicherheit & künstliche Intelligenz
Seine Forschungsgruppe beschäftigt sich mit dem Schwerpunkt „Safety and Quality in Gastrointestinal Endoscopy“. „In der modernen Endoskopie geht es um komplexe, fordernde medizinische Eingriffe. Hier spielen Untersuchungsqualität, technische Herausforderungen, Sedierung und Sicherheitsaspekte eine zentrale Rolle“, erklärt Prosenz. Zunächst analysierte und publizierte die Arbeitsgruppe retrospektive Daten zur Qualität bei der Versorgung oberer gastrointestinaler Blutungen und der Performance von jungen Endoskopiker:innen bei Darmspiegelungen mit einer KI-(CADe)-Unterstützung. Darauf aufbauend konnten prospektive Studien zum Einsatz von KI in der Ausbildung in der Koloskopie gestartet werden. Im Zentrum steht die Frage: Können Ärzt:innen in Ausbildung mithilfe künstlicher Intelligenz auf das Niveau erfahrener Expert:innen gebracht werden? Erste Ergebnisse zeigen, dass KI als eine Art „Begleiter mit Erfahrung“ Polypen erkennen und bewerten kann – und so entscheidendes Feedback in Echtzeit liefert. Dieses Forschungsprogramm wird im Rahmen des AC-CADx-Projekts (Augmented Colonoscopy with Computer-Aided Polyp Characterization) umgesetzt. Die ersten Resultate wurden bereits im American Journal of Gastroenterology veröffentlicht – ein bedeutender Erfolg für die Arbeitsgruppe. Darüber hinaus erhielt das Team mit seiner Qualitätsforschung drei Jahre in Folge den nationalen Posterpreis beim Österreichischen Gastroenterologiekongress. Für Prosenz liegt in der KI-gestützten Ausbildung enormes Potential. „Die Technologie gibt Ausbildungsärzt:innen unmittelbares Feedback und kann helfen, internationale Qualitätsstandards schneller zu erreichen, um so gleichzeitig das Beste für die Patient:innen herauszuholen.“
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt ist im Bereich der Sicherheit, insbesondere bei sedierungs-assoziierten Komplikationen während endoskopischer Eingriffe, angesiedelt. „Auch hier haben wir Daten unserer Klinik retrospektiv aufgearbeitet und publiziert und konnten auf Basis dieses Wissens eine großangelegte, randomisiert-kontrollierte Studie – in Kooperation mit der Medizinischen Universität Graz – starten. Aktuell erforschen wir verschiedene Überwachungsmethoden während der Sedierung bei fortgeschrittenen endoskopischen Eingriffen. Das Projekt hat dieses Jahr den nationalen klinischen Forschungspreis der ÖGGH (Anm.: Öst. Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie) erhalten. Wir müssen uns also hinsichtlich unserer Forschungsleistung wirklich nicht verstecken“, freut sich Dr. Prosenz.
Lehre und Nachwuchsförderung
Neben der klinischen und wissenschaftlichen Tätigkeit ist Julian Prosenz auch als Lehrender an der Karl Landsteiner Privatuniversität aktiv. Er betreut regelmäßig Masterarbeiten und begleitet Studierende so bei ihrem oft ersten Kontakt mit selbstständiger wissenschaftlicher Arbeit. „Selbstverständlich können Studierende bei uns neben ihrer Masterarbeit auch in allen großen Forschungsbereichen mitarbeiten. Das ist aus Ressourcengründen für die Studierenden oft schwierig, aber die Tür steht immer offen.“
Forschung in Österreich – Potenziale und Herausforderungen
Mit Blick in die Zukunft sieht Julian Prosenz für Österreich noch erheblichen Aufholbedarf in der klinischen Forschung, insbesondere bei der Förderung klinischer Studien. „Solche Studien sind extrem aufwendig, sowohl personell als auch finanziell, liefern uns aber eindeutige Antworten darauf, ob eine Behandlung wirksam ist oder nicht. Ohne ein klares Commitment von Trägern und Politik – also mehr als bloße Absichtserklärungen – kommen wir nicht weiter.“ Das gilt auch für die Versorgungsforschung. Vor allem in der Endoskopie, etwa bei Darmspiegelungen, ortet Prosenz noch große Potenziale: „Viele wichtige Qualitätsindikatoren werden bislang kaum systematisch erfasst. Wir brauchen dringend strukturierte und standardisierte Datenerhebung sowie konsequente Evaluation. Denn Patient:innen interessiert am Ende – neben einer individuellen und empathischen Betreuung – vor allem die Frage: Werde ich gut betreut?“ In Ländern wie den Niederlanden wird Qualität im Gesundheitswesen und deren Beforschung institutionell stark gefördert. In Österreich ist das leider nicht der Fall – wir wissen relativ wenig darüber, wie gut die Vorsorgeuntersuchungen wirklich bei den Patien:innen ankommen und was es braucht, damit mehr Menschen diese in Anspruch nehmen.“
Die unmittelbare Verbindung von Theorie und Praxis kann der Experte durch seine Tätigkeit in Klinik, Forschung und Lehre tagtäglich erleben. „Es ist jedes Mal schön zu sehen, wenn die Forschung direkten Nutzen für die Patient:innen bringt – und fast alle freuen sich, wenn sie durch ihre Teilnahme an Studien zur Verbesserung der Versorgung aller beitragen können.“