Andreas Stadlbauer, Medizinphysiker
Potenzial physiologischer Bilder von Tumoren nutzen
Prof. DI Dr. Andreas Stadlbauer, MBA arbeitet als medizinischer Physiker am Klinischen Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des KL-Universitätsklinikums St. Pölten und an der Neurochirurgischen Klinik der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg in Deutschland. Im Rahmen seiner Routinetätigkeit beschäftigt sich Prof. Stadlbauer am Universitätsklinikum St. Pölten mit Datenauswertungen und dem Erstellen und Überarbeiten von Untersuchungsprotokollen für MRT-Geräte. Seine Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem im Bereich der biomedizinischen Bildgebung und der Bildverarbeitung. In diesem Zusammenhang beschäftigt er sich unter anderem mit dem Energiestoffwechsel des Gehirns.
Andreas Stadlbauer studiert bis 1999 Technische Physik an der Technischen Universität Wien. Während des Studiums absolviert er unter anderem einen Forschungsaufenthalt am CERN in der Schweiz. Sein Hauptinteresse gilt der Biophysik, die an der TU Wien nur eine untergeordnete Rolle spielt. Seine Diplomarbeit schreibt der angehende Physiker am Institut für Atomphysik über Licht aus lebenden Zellen und besucht parallel Vorlesungen und Kurse über Medizinischen Physik. Der Vortragende Prof. Dr. Ewald Moser stimmt zu, Stadlbauer als Dissertanten zu betreuen. Das Vorhaben scheitert allerdings an einer unzureichenden Finanzierung, als zeitgleich die Anfrage der Universität Erlangen-Nürnberg nach einem Doktoranden eintrifft. Stadlbauer nutzt die Gelegenheit und schreibt seine Dissertation über die Bildgebung von Hirntumoren im Rahmen einer Kooperation zwischen der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg und der Technischen Universität Wien. Er promoviert 2004 in Medizinischer Physik und erhält ein Jahr später auf Empfehlung seines Doktorvaters ein Angebot vom Landesklinikum St. Pölten, dem heutigen Universitätsklinikum. „Die Radiologie in St. Pölten war damals schon sehr innovativ. Das erste 3Tesla-MRT im klinischen Bereich stand in St. Pölten und der damalige Primar Professor Salomonowitz wollte dafür einen Physiker im Team haben. Seither arbeite ich sowohl in Erlangen als auch in St. Pölten. An beiden Standorten beschäftige ich mich mit Hirntumoren - in St. Pölten aus radiologischer Sicht und in Erlangen aus Neurochirurgischer. Das ermöglicht mir einen breiten Zugang zum Thema“, erklärt Prof. Stadlbauer über seine zwei Arbeitsstandorte. Er habilitiert 2008 im Fach Medizinphysik an der Universität Erlangen-Nürnberg, schließt 2010 den MBA für Gesundheitsmanagement an der Wirtschaftsuniversität in Wien ab und wird 2014 außerplanmäßiger Professor an der Universität Erlangen-Nürnberg.
Bereits seit einigen Jahren beschäftigt sich Prof. Stadlbauer intensiv mit Künstlicher Intelligenz und mit Deep Learning in der medizinischen Bildgebung. „Im klinischen Bereich arbeiten wir mit erprobten und etablierten KI-Anwendungen und derzeit noch vorwiegend mit 2D-Bildern. Die Technologie entwickelt sich rasant. Das macht es zwar schwer, den Überblick zu behalten, aber wir haben viele Ideen. Bevor eine Innovation in der Routinediagnostik eingesetzt werden kann, muss sie ausreichend etabliert sein. Wir müssen nachvollziehen können, wie die Ergebnisse zustande kommen“, erläutert der Professor. Der Physiker ist überzeugt, dass KI-Anwendungen in Zukunft Ärzten und Ärzt:innen bei der Entscheidungsfindung als „Second Opinion“ bei der Entscheidungsfindung unterstützen werden: „Wir können heute anatomische, physiologische und metabolische Bilder von Tumoren in 3D erzeugen. Metabolische Bilder beziehen sich auf den Sauerstoffverbrauch und physiologische Bilder erlauben Rückschlüsse auf das Gefäßsystem des Tumors. Wenn es gelänge, den Informationsgehalt verschiedener 3D-Bilder von unterschiedlichen Zeitpunkten zu kombinieren, brächten dies vor allem in der Rezidivdiagnostik nach operativer Tumorresektionen und Radiochemotherapie einen enormen Fortschritt. Sogenannte generative Deep-Learning-Algorithmen könnten aber auch Bilder erzeugen, die uns zeigen, wie ein Tumor in drei Monaten aussehen würde. Wir sprechen hier von riesigen und komplexen Datenmengen. Bisher können wir diese Datenvolumina noch nicht ausreichend gut verarbeiten. Von so einer generative KI sind wir noch Jahre entfernt“. Derzeit arbeitet Prof. Stadlbauer im Seed Funding Projekt „Entwicklung von Deep Learning Algorithmen für die medizinische Bildanalyse und Integration in die klinische Diagnostik“ an der Erstellung von 3D-Bildern, die von den Fachexpert:innen im Tumorboard zur Entscheidungsfindung herangezogen werden können. „In physiologischen Bildern steckt viel Potenzial, sie liefern uns früher wichtige Informationen als anatomische Bilder. Was genau wir mit KI in der Medizin erreichen werden können, wissen wir heute noch nicht. Das Ziel ist definiert, auf dem Weg dorthin muss noch viel Arbeit – in meinem Fall vor allem Programmierarbeit - geleistet werden“, verrät Prof. Stadlbauer über seine unmittelbaren Pläne.
Prof. Dr. Andreas Stadlbauer
Klinisches Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie (Universitätsklinikum St. Pölten)