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Long Covid - S1 Leitlinie und weiterführende Informationen

Zusatz Autonome Dysfunktion

Posturales Tachykardie Syndrom (POTS)

Posturales Tachykardie Syndrom 

Autor_innen:
ÖÄ Dr. Barbara Hain / Prim. Assoc. Prof. PD Dr. Walter Struhal
Universitätsklinik für Neurologie, Universitätsklinikum Tulln
Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften

Zusatzkapitel sind nicht Teil der Leitlinie S1, sondern bieten Zusatzinformationen. Sie geben daher die Erfahrungen und Einschätzungen der jeweiligen als Autoren angeführten Experten wieder.

Abbildungen:

Neurologische bzw. neuroautonome postvirale Syndrome sind seit über 100 Jahren kontinuierlich beschrieben, und auch in den letzten Jahrzehnten gut untersucht. Im Rahmen einer viralen Pandemie war daher ein gehäuftes Auftreten zu erwarten. Das häufig auftretende wiewohl früher wohl unterdiagnostizierte posturale Tachykardie Syndrom (POTS) Syndrom spielt auch bei der aktuellen viralen Pandemie eine gewichtige Rolle. Bisher gibt es noch keinen klaren Hinweis, ob POTS nach Sars-COV2 (dzt. s.g. „Long-COVID POTS“) sich in irgendeiner Form von POTS nach anderen viralen Infekten unterscheidet – damit es überhaupt eine Berechtigung gibt hierbei von „Long-COVID POTS“ zu sprechen (Satish R. R. et al, CAR 2021).

POTS wurde erstmals 1982 von Rosen und Cryer beschrieben und hat insbesondere in den letzten Jahren im Zusammenhang mit der SARS-CoV2 Pandemie neue Aufmerksamkeit erlangt.

POTS ist keine Entität, sondern ein klinisches Syndrom, bei dem in Orthostase unterschiedliche Symptome aufgrund einer sympathischen Überaktivität in Orthostase auftreten.

Zu denken an das Syndrom ist, wenn Symptome wie Palpitationen, Brustschmerzen, Benommenheit, Verschwommensehen, Kurzatmigkeit, Kopfschmerzen, Übelkeit, Fatigue, Zittrigkeit und Konzentrationsstörungen auftreten. Der wesentliche Aspekt ist dabei, dass diese Beschwerden im Liegen sistieren (s. Abb. 1).

Pathophysiologisch wird die Sympathikusüberaktivierung durch unterschiedliche Mechanismen wie Hypovolämie, autoimmunologische Prozesse, Dekonditionierung und autonome Neuropathie ausgelöst durch u.a. vor allem virale Infektionen, Traumata und Stress.

Bei Verdacht auf ein POTS soll initial eine ausführliche Anamnese inkl. Erhebung möglicher Trigger, Auswirkung auf den Alltag, Vorerkrankungen und Medikation erhoben werden. Weiters soll der Patient körperlich untersucht werden, Vitalparameter dokumentiert, ein EKG geschrieben und ein Basislabor abgenommen werden. Bei weiter bestehendem Verdacht eines POTS kann dieser mittels Schellong Test über 10min im Stehen erhärtet werden. 

POTS ist definiert als ein anhaltender Herzfrequenzanstieg über 30 Schläge/min im Stehen über 10min (≥40/min bei unter 19-Jährigen). Mit anhaltend ist gemeint, dass es nicht ausreicht, wenn ein einzelner gemessener Wert die Kriterien erfüllt, sondern die Kriterien tatsächlich durch einen zumindest Teil der gesamten Messungen erfüllt werden. Ein zeitgleiches Auftreten einer orthostatischen Hypotonie (Blutdruckabfall ≥20/10 mmHg in den ersten 3 Minuten nach dem Aufstehen) schließt ein POTS aus. Sonstige Ursachen einer Sinustachykardie müssen ausgeschlossen werden.

Nach Diagnose eines POTS soll der Patient auf eine erhöhte Flüssigkeitszufuhr hingewiesen und über physikalische Gegenmanöver (in die Hocke gehen, Beine überkreuzen, ein Bein höherstellen, isometrischer Faustschluss) aufgeklärt werden. Weiters können hüfthohe Stützstrümpfe oder eine Abdominal Bandage verordnet werden. Oft bringen diese einfachen Maßnahmen schon signifikante Linderung. Aggravierende Faktoren wie größere, insbesondere kohlenhydratreiche, Mahlzeiten, erhöhte Temperaturen (Sauna) und Alkohol sollen vermieden werden. Eine Dekonditionierung ist durch an den Patienten individuell angepasste Aktivität zu verhindern. 

Bei Fortbestehen der Symptome können unterschiedliche Pharmaka (off-label) wie Betablocker oder Midodrin eingesetzt werden. Eine Weiterbetreuung kann in Zusammenarbeit mit Spezialsprechstunden für autonomes Nervensystem erfolgen.  
 

Weiterführende Links:

Webinar zum Thema "Long-COVID und POTS" vom 2.März 2022
Prim. Assoc. Prof. PD Dr. Walter Struhal
Leiter der Klinischen Abteilung für Neurologie
Universitätsklinikum Tulln

Events

  1. 23 Mär

    12. Symposion Dürnstein

    23. März 2023, 17:30 - 25. März 2023, 16:30
    Stift Dürnstein
  2. 28 Mär

    INFO TALK: Bewerbung Medizinstudium

    28. März 2023, 18:00
    Online Chatroom: Microsoft Teams
  3. 29 Mär

    KL Luchtime Seminar: CaMKII spreads activity by inter-holoenzyme phosphorylation

    29. März 2023, 12:00 - 13:00
    Karl Landsteiner Privatuniversität, Festsaal